Uaxoleoir l. in Aontaineblean.
Nach seiner ersten Abdankung
im April 1814.
Aus den Memoiren der Generalin Durand, Palastdame der Kaiserin Marie Luise.
Deutsche Bearbeitung von
Adolf Edeling.*)
ie erste Aprilwoche des Jahres 1814, die für die Kaiserin Marie Luise durch ihre hastige Flucht nach Blois eine so traurige und wildbewegte gewesen, wurde für Napoleon selbst zu einer schrecklichen und verhängnißvollen.
Er hatte am 29. März in der Nacht Troyes verlassen und zwar zu Pferde und nur von Ber- trand und Caulaincourt und von einigen Adjutanten und Ordonnanzoffizieren begleitet. Sein Plan war, auf diese Weise, also so gut wie incognito, nach Paris zu gelangen, um selbst die Verteidigung der Hauptstadt zu übernehmen und durch seine persönliche Gegenwart die Bevölkerung zu begeistern. Leider war es nur mit der Begeisterung der großen Massen für ihn so gut wie vorbei; das französische Volk hatte in den letzten zwei Jahren zu viele und schreckliche Opfer an Blut, Geld und Ruhm bringen müssen, und das alles doch immer nur für einen
ch Viele unserer Leser erinnern sich gewiß der Memoiren der Gräfin Remusat, Palastdame der Kaiserin Josephine, „Napoleon I. und sein Hof", die vor einigen Jahren in Paris so großes Aufsehen machten. Auch die deutsche, bei A. Ahn in Köln erschienene Bearbeitung von A- Ebe- ling hatte einen so günstigen Erfolg, daß eine dritte Auflage bereits unter der Presse ist und noch diesen Sommer erscheinen wird.
Ganz neuerdings sind nun noch die Memoiren der Generalin Durand, Palastdame der Kaiserin Marie Luise, hinzugekommen, die völlig und ganz als eine Fortsetzung der Remusatstchen Memoiren anzusehen sind, weil sie da beginnen, wo die letzteren schließen, nämlich mit der Ehescheidung des Kaisers. Auch sie enthalten eine Menge von interessanten und noch wenig bekannten Einzelheiten aus dem Privatleben der kaiserlichen Familie, zumeist aus eigener Anschauung, oder nach glaubwürdigen Augenzeugen, und sind überdies in einem durchaus unparteiischen und dabei sehr würdigen Tone geschrieben.
Durch die Freundlichkeit des Verlegers sind wir in der angenehmen Lage, unseren Lesern schon jetzt, vor dem Erscheinen des Werkes, ein Bruchstück daraus mitzutheilen, und wir haben dazu das elfte Kapitel gewählt, weil darin der Selbstmordversuch des Kaisers geschildert wird, über den bekanntlich bis auf den heutigen Tag die Ansichten der Geschichtsschreiber noch immer auseinander gehen.
D. Red.
einzigen Mann, um nicht das Ende, gleichviel welches, einer so entsetzlichen Lage herbeizusehnen.
Trotzdem gab es für Napoleon in diesem Augenblicke keinen anderen Ausweg mehr als nach Paris zu eilen, wenn auch nur, um persönlich die Verhandlungen mit den Verbündeten zu leiten. Auch wollte er in dieser entscheidenden Stunde mit seiner Gemahlin und seinem Sohne zusammen sein, die er beide noch in der Hauptstadt glaubte.
So jagte er denn mit seinen: kleinen Gefolge über Villeneuve-sur-Vannes nach Sens, wo er am 30. März gegen Mittag ankam; die Pferde brachen unter den Reitern fast zusammen, und diese selbst waren so erschöpft, daß sie durchaus einige Stunden der Ruhe bedurften. Nur einer, der Kaiser, schien die Ermüdung kaum zu spüren, und doch war er nüchtern von Troyes sortgeritten und hatte in diesem Zustande zehn Stunden im Sattel gesessen. In Sens trank er einige Tassen schwarzen Kaffee, sein gewöhnliches Stärkungsmittel auf früheren Feldzügen — und dann weiter. Aber unmöglich konnten sie dieselben Pferde wieder benutzen und andere Reitpferde waren nicht aufzutreiben. So stieg denn der Kaiser mit Bertrand in eine schlechte zweispännige Kalesche und eilte voraus. Unterwegs sprach er fast gar nicht, nur von Zeit zu Zeit stieß er, wie in fieberhafter Erregung, die Worte heraus: „Es hilft nichts! Ich komme zu spät!" und dann nach einer Panse von neuem: „Ich komme zu spät! Es hilft nichts!"
Das war alles.
In Fromenteau war Pserdewechsel und der Kaiser stieg aus, begab sich aber nicht in das Wirthshaus, sondern blieb draußen und setzte sich ans den Rand eines Brunnens in der Nähe. Es ging schon gegen Mitternacht. Auf einmal hört man in der Ferne von Paris her ein lautes Getöse, Pferdegetrappel und Wagenrollen. Der Lärm kommt näher: es ist ein Artilleriepark, der auf der Landstraße vorüber- und den Regimentern vorauszieht, die in Folge der Kapitulation die Hauptstadt haben verlassen müssen.
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II. 2.