Heft 
(1.1.2019) 03
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A. G. v. Suttner. Aus dem Sudan.

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Schon am nächsten Tage wurde ich von Kabrega empfangen und seitdem habe ich ihn mehrere Male gesehen. Er ist ein schönes, hellfarbiges Indivi­duum von deutlich ausgesprochener Wahüma-Ab- stammung, und macht durch eine heitere, unge­zwungene Conversation mit seiner Umgebung einen zunächst guteil Eindruck, lieber sein Wesen will ich mich noch jeden Urtheils enthalten; man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.

Leute von Ruanda und solche von Karagua habe ich hier angetrossen und manche Informationen von ihnen erhalten. Interessant wäre die Erfor­schung der Straße, welche von hier aus direct und unter Umgehung von Uganda nach Karagua führt. Ich gedenke mich noch einige Tage hier auszuhalten und dann entweder den Rückweg nach Mruli au- zutreten, um von dort aus nach Uganda zu gehen, oder, falls ich hier etwas arraugiren kann, die ge­botenen günstigen Verhältnisse ausznnützen. Hängt ja doch in Afrika Alles vom Augenblick und den jeweiligen Dispositionen der Neger ab!

Vorläufig hoffe ich, daß die Zwistigkeiten hier endlich zum Austrage gebracht und das Gouverne­ment endlich der Plackereien ledig wird. Große epochemachende Forschungsreisen sind nicht Jeder­manns Sache; unsereins kann zufrieden sein, einzelne Bausteine znm Ganzen zu liefern. Uebrigens sind die im letzten Jahre unter Gordon Paschas Auspicien iu's Leben getretenen Reisen wohl aller Anerkennung Werth: Dr. Junker arbeitet in Makraka, Rohl und Ghaba-Schamba; Mohamed Effendi Mahir hat eine schöne Karte von Lado, Makraka w. heim­gebracht; Colonel Mason den Mwntan-Nzige völlig ausgenommen und alle Positionen von Lado bis Magungo astronomisch bestimmt, . . . das Alles in wenigen Monaten!

So wie ich nach Mruli zurückkehre, werde ich mir erlauben, Ausführlicheres zu schreiben; es lag mir vor der Hand nur daran, Ihnen durch diese zwei Zeilen zu beweisen, wie hoch ich das mir von Ihnen stets bewiesene Interesse schätze, wie ich nie vergessen werde, wie viel ich Ihren freundlichen Informationen, Ihren belehrenden Unterhaltungen, Ihren erprobten Rathschlägen verdanke."-

Mruli, 1. November 1877. Gestern bin ich also glücklich wieder in Mruli eingetroffen und kann nun bei einer guten Cigarrette der überstan­denen Mühen lachen und mich für einige Tage ausruhen. Ich habe länger als einen Monat bei Kabrega zugebracht und mich dabei recht wohl be­funden, viele und lange Unterhaltungen mit ihm und seinen Leuten gehabt und kann mich absolut über nichts beklagen. Eine Menge werthvoller Notizen über Land und Leute, Thiere und Pflanzen, Sitten und Gebräuche, Waffen und Geräthe habe ich gesammelt, ein kleines Vocabular angelegt, eine

Kartenskizze mitgebracht und, falls es meine Zeit erlaubt, will ich mich an eine monographische Skizze des Landes machen, das ich nach nun zweijährigem Aufenthalte doch wohl kennen gelernt.

Dann würde eine andere ähnliche Skizze über Uganda folgen, wohin ich nach etwa 45 Tagen von hier abgehe. Das wäre wohl Alles, was ich vorläufig zu berichten wüßte. Hoffentlich ist der Pascha mit diesem Anfänge meiner Reise in ein Land, das seit Bakers verunglückter Expedition von keinem unserer Leute mehr betreten wurde, zu einem Herrscher, der allgemein als blutdürstiger, treuloser Räuber galt, wohl zufrieden. Kabrega ist heute durchaus nicht der Trunkenbold, als den ihn Baker beschrieben; dazumal mag Vieles anders gewesen sein, wenigstens giebt meine vorurteilsfreie Be­obachtung viele von Baker abweichende Resultate.

Petermann sandte mir durch Marnos freund­liche Vermittelung Chippendale und Watsons Nil- Aufnahme. In der begleitenden Brochüre finde ich den Namen unserer StationNasr" (am Sobat) erklärt durch: »locus ulli torroutes eouüuuut«,

während die Station nicht am Zusammenfluß der Ströme gelegen, sondern einfach nach ihrem Vor­steher Nasr Mohamed benannt ist.

2. November. Soeben sind meine Träger aus Uganda eingetroffen, und nach zweitägigem Raste soll es sortgehen, nach Süden! Jedenfalls will ich der Erste sein, der, von Norden kommend, den Aequatvr passirt.

Mruli, 5. November 1877. Erlauben Sie mir, Ihnen mit diesen Zeilen meinen Reisegefährten Halit Effendi Terzi vorzustellen, welcher nach Char- tum geht, um S. E. den Pascha um Justruetion für mich zu bitten, eine Gesandtschaft Kabregas dort einzuführen, und Vorräthe für mich einzukaufen. Da meine Reise sich, allem Vernehmen nach, viel weiter ausdehnen wird, als ich gedacht, so muß ich natürlich viele Geschenke einkaufen."

Vor Schluß erhalte ich einen weiteren Brief von Dr. Emin Effendi aus Rubaga, der Residenz Mtesis vom 3. Januar, den ich zur gefälligen Ein­sicht beifüge. Hansal."

Rubaga (Uganda), 3. Januar 1878. Zuvör­derst prosit Neujahr aus Uganda, wohl der fernste Ort, aus dem Ihnen noch Wünsche für Ihr Wohl­ergehen zngesandt wurden! Da säßen wir nun bei Bananen und Ziegenfleisch und dächten der Bour- deanxflaschen Chartums und dächten der fernen Freunde, von denen keiner zwei Zeilen schreibt. Na, ich will glühende Kohlen ans ihre Häupter sammeln, und nicht Gleiches mit Gleichem vergelten. Ich habe eine recht angenehme Reise gehabt; 20 Tage lang, jeden Tag stundenlang bis an den Hals im Wasser und Schlamm waten, ist eben ein Privi­legium für uns Afrikauarren, aber besser werden