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(01/01/2019) 06
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etile.

Novelle von Theodor Fontane.

(Schluß.)

Dreiundzwanzigstes Kapitel.

wollte nichts thnn, in seinem Benehmen nichts ändern, und doch ließ er drei Tage vergehen, ohne bei den St. Arnaud's vorzusprechen.

Endlich, den vierten Tag, nahm er sich ein Herz.

Es war inzwischen herbstlich und windig ge­worden und die Blätter tanzten vor ihm her, als er über den Hafenplatz ging. Er warf einen Blick hinauf und sah, daß überall, ganz wie damals bei seinem ersten vergeblichen Besuche, die Holzjalousien herabgelassen waren. Nur in St. Arnaud's Zim­mer standen die Fensterflügel weit auf und die Gar­dinen wehten im Winde.

Wieder im Tattersall oder im Club. Nie zu Haus. Es scheint wirklich, daß er sie manchen Tag keine Stunde sieht und Rosa mag Recht mit ihrer Muthmaßung haben, daß seine Liebe, wenn über­haupt vorhanden, von ganz eigner Art sei. Jeden­falls wird sie dieser Art nicht froh, so viel steht fest, so viel seh ich. Und beinahe, wenn ich zurück­denke, Hab' ich ihr eigen Geständniß davon. Und kann es anders sein? Die Liebe lebt nicht von todtgeschossenen Dzialinskis, vielleicht gerade davon am wenigsten, sie lebt von liebenswürdigen Klei­nigkeiten und wer sich eines Franenherzens dauernd versichern will, der muß immer neu darum werben, der muß die Reihe der Aufmerksamkeiten allstünd­lich wie einen Rosenkranz abbeten. Und ist er fertig damit, so muß er von Neuem anfangen. Immer da sein, immer sich bethätigen, darauf kommt es an. Alles Andere bedeutet nichts. Ein Armband zum Geburtstag, und wenn es ein Ko- hinur wäre, oder ein Nerz- oder Zobelpelz zu Weihnachten, das ist zu wenig für 365 Tage. Wozu läßt der Himmel so viel Blumen blühen? Wozu giebt es Radbouquets von Veilchen und Rosen? Wozu lebt Felix und Sarotti? So denkt jede junge Frau, wobei mir zu meinem Schrecken einsällt, daß ich auch ohne Bouquet und ohne Bonbonniere bin. Also nicht besser als St. Arnaud. Und er ist doch blos ein Ehemann."

Unter solchem Selbstgespräche war er bis an das Haus gekommen, dessen Thür sich im selben Augenblick öffnete, wie wenn sein Erscheinen von der Portierloge her bereits bemerkt worden wäre. Wirklich, ein kleines Mädchen sah neugierig durch das Guckfenster und schien auf seinen Gruß zu war­ten. Er nickte denn auch und stieg die Treppe hinauf.

Gleich auf dem ersten Absatz traf er den von Cocile kommenden Geheimrath:Ah, Herr von

Gordon," grüßte dieser.Uss bemix gsxrits so reneontront. Die Gnädigste fühlt sich unwohl; leider oder auch nicht leider; je nachdem, wie man's nehmen will. Sie wissen, es ist ihr ewig Weh und Ach ..."

Und er lachte, während er unter nochmaliger legärer Hutlüftnng an Gordon vorüberging.

Dieser war von der Begegnung auf's Unange­nehmste berührt und um so unangenehmer, als ihm an dem Diner-Tage nicht entgangen war, daß Ce- cile viel Entgegenkommen für ihren geheimräthlichen Tischnachbar gehabt hatte. Sein frivoler Witz machte sie lachen und was seine kaum die nöthigsten Schran­ken innehaltende Dreistigkeit anging, von der Rosa gesprochen hatte, so hatte Gordon gerade lange genug gelebt, um zu wissen, daß die Dreisten die Vor­hand haben.

Und nun war er die Treppe hinauf und zog die Klingel.

Die gnädige Frau wird sehr erfreut sein," empfing ihn die Jungfer und meldete:Herr von Gordon."

Ah, sehr willkommen."

Cocile war wirklich leidend, hatte den Lieblings­platz auf dem Balkon aber nicht anfgegeben. Die kleine Bank mit den zwei Kissen war fortgeränmt und statt ihrer stand eine Chaise longue da, darauf die Kranke ruhte, den Oberkörper mit einem Shawl, die Füße mit einer Reisedecke zugedeckt, in die das Wappen der St. Arnaud's oder vielleicht auch das der Woronesch von Zacha eingestickt war. Auf einem Tischchen daneben stand ein phiolenartiges Fläsch­chen sammt Wasser und Zuckerschale.