Zur öoilnenhöhe.
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abhängig gemacht hat, daß Sie Mitglied der Kammer werden."
Conrad seufzte tief auf. Stürmer fuhr unbeirrt fort:
„Außerdem erlaube ich mir, Sie daran zu erinnern, daß man höchsten Ortes mit dem Gedanken umgeht, Sie in den Adelstand zu erheben, sobald Sie eine größere Besitzung erworben haben würden."
Stürmer schwieg, aber er beobachtete Conrad mit lauerndem Blicke und wartete gespannt auf die Antwort desselben. Dieser überlegte einen Moment. Stürmer hatte recht, es stand jetzt Alles auf dem Spiele: Ruhm, Ehre, Glück, eine glänzende Zukunft, und der Ehrgeiz gewann in seinem Herzen den Sieg über alle Bedenken.
„Sie haben recht," sagte Conrad, „ich darf auf halbem Wege nicht stehen bleiben. Thun Sie, was Sie für nothwendig halten, aber nichts gegen das Gesetz!"
„Halten Sie mich für fähig, Dummheiten zu begehen?" fragte Stürmer lächelnd.
An der Thüre des Nebenzimmers hatte Strauß jedes Wort der Unterredung genau vernommen, und er sah ein, daß jetzt der Augenblick da war, wo man Conrad völlig umgarnen konnte.
So trat er denn, scheinbar ganz zufällig, in das Zimmer, beglückwünschte ihn gleichfalls wegen des Erfolges seiner Rede und ging dann geschickt aus ein vortheilhaftes Geschäft über, welches er für den Herrn Kreispräsidenten machen wollte, nämlich den Ankauf eines größeren Gütercomplexes. Dazwischen aber fand er noch einen Moment Zeit, dem Polizeirath leise die Frage zuzuflüstern: „Wie steht es mit dem Verhaftsbefehle für den Doktor Falk?"
„Er hat mir freie Hand gelassen," entgegnete Stürmer ebenso leise.
„Und dies Geschäft, welches Sie mir Vorschlägen wollen?" fragte Conrad.
„Ist für Sie äußerst günstig. Ich habe für Sie eine größere Anzahl Forderungen und Wechsel angetanst auf eine große Herrschaft, die für einen verhältnißmäßig geringen Preis zu haben ist und allen Ihren Anforderungen genügen wird. Ich habe Ihnen Dankbarkeit versprochen, Sie sollen sehen, daß ich ein Mann von Wort bin! Die Sache ist bereits so weit in Ordnung, daß nur noch der Contract zu unterzeichnen ist; alles Andere habe ich schon vorbereitet, der Notar dieses Städtchens ist avertirt und erwartet den neuen Käufer, — bisher habe ich mich als diesen Käufer gerirt."
„Sie gehen schnell zu Werke," sagte Conrad lächelnd. „Aber nun wäre ich doch auch einigermaßen neugierig, zu erfahren, wo diese Herrschaft liegt, wie sie heißt, und wenn ich Ihnen auch bisher völlig freie Hand gelassen habe, weil ich von
dergleichen Dingen nicht sonderlich viel verstehe, so dürfte es doch jetzt wohl an der Zeit sein —"
„Entschuldigen Sie, daß ich mich jetzt entferne," unterbrach ihn Stürmer, der inzwischen wie auf Kohlen gestanden hatte in der Furcht, daß Conrad die ihm ertheilte Vollmacht widerrufen möchte; „ich habe noch vielerlei anzuordnen und zu besorge«, auch störe ich wohl die Herreu, die, wie ich sehe, Wichtiges zu erörtern haben," und seinen Hut ergreifend entfernte er sich, ohne eine Antwort Conrads abzuwarten.
„Den Namen der Herrschaft, Herr Strauß!" rief Conrad.
„Sie liegt ganz in der Nähe: Es ist die Standesherrschaft Feldingen, bisher im Besitz der Familie von Wenkenstern."
Conrad hatte es geahnt, denn er wußte seit geraumer Zeit, daß die Herrschaft Feldingen stark verschuldet war und zum Verkaufe gelangen würde, aber dennoch überraschte ihn die Nachricht, daß er der Besitzer derselben werden sollte, in hohem Grade, und er bedurfte aller seiner Kraft, um seine Aufregung zu verbergen. Also er, Conrad von Bron- ker, Standesherr, Abgeordneter, der Gemahl Leonies — der Weg zur Sonnenhöhe des Glückes war vollendet, das Höchste war so gut, wie erreicht,— und durch eigene Kraft! Freilich, dieses Glück sollte sich auf den Trümmern von Meta's Vermögen, auf dem Schmerze Bürbi's aufbauen — — — ach, was! Es war geschehen. Also vorwärts!
„Ich danke Ihnen," sagte er zu Strauß, indem er ihm die Hand schüttelte, „ich danke Ihnen, Sie sind ein zuverlässiger Freund und dürfen stets auf mich rechnen. Wollen Sie nun die Sache ganz zu Ende führen!"
Strauß versprach es.
„In einer Stunde bei dem Notar!" sagte er und verließ das Zimmer in demselben Augenblicke, wo es an der Thür klopfte.
Conrad begleitete Strauß und traf auf Heinrich Falk.
„Falk! Du hier? Und heute?" rief Conrad erstaunt.
„Ich bin es," sagte Heinrich. „Der Strom des Lebens trieb uns auseinander, Herr Präsident; es ist mit den Menschen, wie mit den Blumen, jede sucht sich den Boden, auf dem sie wachsen, blühen und gedeihen kann."
„Noch immer der alte Schwärmer für die Natur, der er seine Bilder entnimmt!" lachte Conrad und lud den Freund ein, Platz zu nehmen, während er ihm zugleich aus seinem Etui eine echte Havanna anbot.
„Vor allen Dingen sage mir, was Dich in dieses Nest verschlagen hat, das der Himmel in seinem Zorne gegründet zu haben scheint?"