Heft 
(1.1.2019) 08
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A. Müller von Brandenburg.

Schuldsumme anfzubringen. Herr Polizeirath, diese Prolongation ist meine letzte, meine einzige Ret­tung; wenn ich Sie bitten dürfte, für dieselbe bei Herrn Strauß wirken zu wollen!"

Stürmer zuckte die Achseln.

Es ist leider zu spät," sagte er,und weder Strauß noch ich vermögeil in dieser Sache noch etwas zu thun. Sie werden sich schon an den eigent­lichen Käufer von Feldiugen selbst wenden müssen."

Meta war über diese Mittheilung erstaunt und beunruhigt. Wenn Strauß nicht der Käufer war, wer konnte es dann sein? Fragend blickte sie den Polizeirath an, als sich die Thür öffnete und Conrad, zum Ausgehen angekleidet, hereintrat.

Da ist der Käufer, Herr Kreispräsident Bron- ker," sagte Stürmer,ich lasse Sie allein, um die Verhandlung nicht zu stören. Ich habe die Ehre!"

Conrad der Käufer von Feldingen! Wie ein Blitzstrahl hatte die Eröffnung Meta getroffen, und mit Mühe nur vermochte sie sich aufrecht zu er­halten. Und nun war er selber da, dieser Käufer, der ehemalige Jugendgespiele, den sie als Mann gekränkt und verletzt hatte; sie hätte wer weiß was darum gegeben, wenn sie in diesem Augenblicke ihm nicht hätte gegenüber stehen brauchen.

Wie erstarrt stand der Kreispräsident da, als er ihrer ansichtig wurde, keines Wortes mächtig.

Meta gewann zuerst ihre Fassung wieder.

Also Sie, Conrad," sagte sie,Sie sind der Käufer von Feldiugen, Sie sind es, der die Waise ans dem Besitzthum ihres Vaters vertreibt?"

Nicht ich," erwiderte er,klagenSie nicht mich an, mein gnädiges Fräulein, erfuhr ich doch selbst erst vor einer Stunde, daß es Ihre Güter sind, die Herr Strauß für mich erworben hat. Nicht ich, sondern der Wille des Schicksals, die Schuld der Ihrigen, die Sorglosigkeit Ihres Vaters und die Verkettung der Umstände treiben Sic aus der Heimath; wer aber kann gegen die Macht der Ver­hältnisse? Wir sind Spielbälle des Zufalls, macht­lose Geschöpfe gegen die zwingende Nothwendigkeit."

Die junge Dame zuckte schmerzlich zusammen. Was dieser Mann da sagte, klang so kalt, so ge­macht, war eure Reihe von Phrasen, von denen sein Herz nichts wußte, und sie hatte einen Moment lang eine so ganz andere, wärmere, theilnehmende Sprache von ihm erwartet.

Ich klage nicht," sagte sie bewegt,das Unglück ist in unser Hans eingekehrt und treibt nun das Geschlecht, das zwei Jahrhunderte dort gesessen hat, von dannen. Ich danke Gott, daß ich die letzte unseres Namens bin und daß kein Sohn die Schmach des Hauses erlebt. So gehe ich denn ruhig und thränenlos aus dem Hanse meiner Väter."

Sie wollen fort, allein, in die Welt?" rief Conrad erregt.

Ich bin verwaist und arm," sagte Meta,aber eines, mein Herr Kreispräsident, habe ich mir im Schiffbruche meines Glückes bewahrt, den Stolz, nicht eitlen Hochmuth. Wenn ich diesen vielleicht einstmals besessen habe, so bedaure ich das, aber die Fluth der Leiden hat ihn längst hinweggespült. Der Stern meines Hauses ist versunken, der Ihrige ist im Steigen, und möglich mag es ja auch sein, daß Ihr Herz zufrieden dabei ist."

Er wollte sie heftig unterbrechen.

Verzeihen Sie, wenn ich darin irrte," fuhr sie bewegt und mit tiefer Empfindung fort;das Un­glück macht leicht ungerecht und es ist schmerzlich, ans der Heimath zu scheiden, die Stätte zu verlassen, wo man glücklich war, an welche tausend und aber­tausend Beziehungen und Erinnerungen das Herz fesseln. Dort jene Rose hat inan selbst gepflanzt, jenen Baum gepflegt und feine erste Frucht ge­pflückt, an diesem Teiche brach man als Kind die bunten Blumen, dort sprach man mit den Nachbar­kindern, griff nach dein Schmetterling und jauchzte, wenn der galante Knabe ihn gefangen brachte; .unter dieser Linde spielte man vergnügt, das Herz in süße Kindertränme versenkt, und in der Laube dort durch­zog der ersten Liebe holde Ahnung das Gemüth"

Wie von süßeil Erinnernngen umfangen hatte Conrad ihren Worten gelauscht, die selige Zeit seiner eigenen harmlosen Jngend mit ihren bescheidenen Freuden, das Heimathsdors mit seinen ländlichen Reizen waren vor ihm wieder emporgestiegen und hatten sein Herz erweicht.

Meta!" rief er ans,welches Paradies lassen Sie in meiner Seele neu erstehen! Habe ich doch altes das selbst durchlebt, war ich doch Ihr Ge­spiele!"

Das ist nun vorüber," erwiderte sie,die nüchterne Wirtlichkeit verlangt ihr Recht; die Blu­men verwelkten, die Schmetterlinge flohen, die Nach­barkinder sind groß und klug und stolz geworden, das alte Schloß ist vom Zahn der Zeit zernagt, der Schlvßherr schlummert im kühlen Gewölbe im letzten Schlaf, sie haben den Wappenschild über seinem Sarge zerbrochen, und sein einziges Kind zieht hinaus, und jene Ahnung eines holden Glückes, sie ging nicht in Erfüllung."

Er preßte beide Hände auf das klopfende Herz und rief:Nein, Meta, nein! Ich null Sie nicht vertreiben, ich gedenke der entschwundenen Tage, der süßen Stunden, wo ich noch glaubte und hoffte, wo auch mich eine süße Ahnung erfüllte Meta, nehmen Sie aus meiner Hand die bleilnmde Stätte, den Sitz Ihrer Ahnen, lassen Sie mich für Sie sorgen!"

Sie erhob sich stolz und streckte ihm die Hand wie abwehrend entgegen.

Genug, mein Herr," rief sie,die Erregung