Heft 
(1.1.2019) 08
Seite
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Anton Ghorn.

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warten, er wolle sie anmelden. Dabei hieß er sie einstweilen in ein hohes Gemach mit vergitterten Fenstern eintreten, so daß sie vermeinte, in einem Kerker zu sein, zumal der Ausblick hinüberging aus einen alten, grauen Thurm, hinter dem sich nur ein bescheidenes Stücklein blauer Himmel zeigte. Sol­cher Umstände hätte es doch wohl nicht bedurft, meinte sie in ihrem Herzen und wenn Bärbel auch noch nicht ganz angekleidet sei, unter Jugendfreun­dinnen brauchte man's doch nicht so genau zu nehmen.

Nun kam der Page wieder und er führte sie über den Corridor durch zwei prachtvoll eingerich­tete Kemenaten und schob dann vor einem dritten Raume einen schweren Vorhang ein wenig bei Seite, durch welchen er sie eintreten hieß.

Hier war eitel Licht und Glanz. Durch mäch­tige Bogenfenster wogte ein Fluth von Sonnenlicht herein und übergoldete die kostbaren Geräthe und flimmerte fast unheimlich gleißend auf dem gelben Seidengewande der schönen Bärbel, welche auf einem Ruhebette lag und mit einem goldverzierten Psauen- wedel spielte.

Frau Kunigunde war schier geblendet von all' dem Leuchten und stand einen Augenblick festgebannt an der Schwelle, dann aber eilte sie auf das schöne Weib zu und rief so recht herzensfrendig:

Das ist aber schön von Dir, Bärbel, daß Du bei all' dem Glanz Deine Gundel nicht vergessen hast und daß"

Hier stockten ihr aber plötzlich die Füße und die Zunge zugleich, denn das Gesicht der Anderen war finster wie eine Winternacht und ohne sich zu erheben, streckte sie gebieterisch abwehrend ihre Hand der Nahenden entgegen; dann klang von dem Orte, wo sie ruhte, eine Stimme, so hart und fremd und kalt, daß Frau Kunigunde sich umsah, ob noch Je­mand hier sei, der so spreche. Es war aber wirk­lich der Mund der schönen Bärbel, der da sagte:

Ihr habt zu warten, bis ich Euch anrede, Frau Bokelmannin. Ich habe Euch rufen lassen, um Euch nur eins zu sagen: daß ich die Gräfin Barbara von Lichtenberg und Eure gebietende Herrin bin nicht aber die Bärbel von Uttenheim. Ich erwarte, daß Ihr Euch das für alle Fälle merken und es niemals vergessen werdet. - Nun mögt Ihr wieder geheil!" .

Und sie winkte kühl, vornehm herablassend mit dem glitzernden Pfauenfächer.

Einen Ailgenblick stand Frau Kunigunde, als sei sie wie weiland Lot's Weib zur Salzsäule ge­worden, aber als sie die erste Verblüffung abge­schüttelt, da regte sich in ihr der Ingrimm über das glänzende Weib und der Zorn über ihre Ent­täuschung. Hochroth im Antlitz, das blitzende Auge fest aus die einstige Genossin gerichtet, hob sie ihre

Gestalt höher, trat einen Schritt näher an das Rnhelager und sagte:

So? - und Du meinst, daß man blos wie mit dem nassen Schwamm über den Kopf zu fahren braucht, lim die ganze Jugendzeit und was alles d'ran hängt, herauszuwischen? Da bin ich nun von anderer Art wie Du und jetzt erst recht werd' ich's mein Lebtag nicht vergessen, daß Du manch' Stück­chen Brod und manchen Apfel in meiner Mutter Haus gegessen hast und daß Du dieselbe Bärbel bist, die ehedem im zerrissenen Röckchen und mit schmutzigen, nackten Füßen in unserem Hofe ge­spielt hat. Spei' Feuer mit den Angen so viel Du willst ich fürcht mich nicht! Ich geh' auch schon, nur das Hab' ich Dir noch zu sagen: Wenn Du mich nicht kennst, dann kenn' ich Dich auch nicht, das heißt in dem Aufputz, und wenn Du Deinen Stolz hast, Hab' ich den meinen auch und ich denke, es wird sich bald genug zeigen, wen die Leute in Bnchsweiler höher ansehen Dich oder mich. Gott befohlen!"

Damit rauschte Frau Kunigunde, stolz wie eine Fürstin hinaus, der schwere Vorhang fiel hinter ihr zu und im Hellen Sonnenglanze stand mitten in dem Prunkgemach das üppige Weib im wallenden gelbseidenen Gewände und bebte vor Zorn an allen Gliedern. Der vergoldete Fächer zerknickte in ihrer Hand -- sie wollte, sie hätte das Bürgerweib so zerbrechen können!

Dieses aber ging wie eine Siegerin die breite Treppe hinab, über den Hof und durch den Thor­bogen und als jetzt die Stadt wieder in ihrer An- muth unter ihr lag und ihr Blick über das spitze Dach des eigenen Heim schweifte, athmete sie aus ans tiefster Brust. In das Gefühl des Triumphes mischte sich die Empfindung eines heißen Schmerzes und Scham faßte sie, wenn sie an die Gevatterinnen und Freundinnen dachte, denen gegenüber sie sich mit ihrem Besuche auf dem Schlosse schon im voraus gebrüstet hatte aber sie nahm all' ihre Kraft zusammen, nur beschleunigte sie die Schritte, als sie in die Gassen einlenkte, die still und heiß dalagen.

Aber es schien, als ob Neugier und Schaden­freude nur auf sie gewartet hätten, denn fast aus allen Thüren kam es hervor und hundert Lippen fragten, wie sie ausgenommen worden sei aber Frau Kunigunde war standhaft wie eine Mär­tyrerin und mit leuchtenden Augen und gerötheten Wangen, die auch recht wohl als Ausdruck der Freude gelten konnten, wehrte sie alle Fragen ab mit der Entgegnung, sie werde alles demnächst genauer erzählen, jetzt habe sie keine Zeit, ihr Mann und ihr Büblein warteten schon und das Mittags- brvd solle auch noch fertig werden.

Sie war froh, als sie endlich ihre Hausthüre