Heft 
(1.1.2019) 08
Seite
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G. van Muyden.

Entstehungsbedingungen bekannt, so würden wir auch in ihnen einen adäquaten Ausdruck der betreffen­den Cultur erblicken und je mehr die längst ent­schwundenen Zustände durch den menschlichen For­schergeist aus dem Schutt der Vergangenheit ausgegraben werden, um so mehr verringert sich auch der Kreis der Strafvorschriften, die uns wie ein Buch mit sieben Siegeln gegenüberstehen.

Bor Montesquieu, welcher mit der glücklichen Begabung des echten Genies den Historiker und Völkerpsychologen in sich vereinte, war die enge Verbindung zwischen Cultur und Strafrecht selten mit zielbewußter Klarheit ausgesprochen worden und erst seit der Wirksamkeit des großen Mannes ist die Erforschung derselben zu einem beliebten Gegenstand geworden. Freilich ist dieselbe noch nicht sehr weit vorangeschritten, noch breiten sich Goldfelder von ungeahnter Größe aus, noch ist die Verwerthuug der Geschichte des Strafrechts für die kulturelle Entwicklung der Menschheit eine unge­nügende. Je mehr aber die Geschichtschreibung die

Schilderung der Cultur in's Auge fassen, je mehr sie die kulturellen Fortschritte als einen der wesent­lichsten Theile ihres Gegenstandes ansehen wird, wie es Thomas Bukle in so großartiger Weise gethan hat, um so mehr wird sie auch dem Zu­sammenhang zwischen Cultur und Strafrecht ihre volle Aufmerksamkeit zuwenden, um so mehr wird sie zu der Einsicht kommen, daß in dem Straf­recht alle Strahlen der Cultur gleich einem Brenn­punkte sich vereinigen. Denn das Recht bildet nur ein Glied in dem Ganzen des Volkslebens, das ebenso dieses mit verstehen und begreifen lehrt, wie es umgekehrt selber nur im Ganzen begriffen werden kann. Und wenn das Recht überhaupt mit tausend Fäden mit der nationalen Entwicklung zn- sammenhängt, so gilt dies ganz besonders vom Strafrecht. Das lebendige Wechselverhältniß, in welchem gerade es mit allen Seiten des Cultur- lebens steht, macht es selbst zu einem großen Stücke der Cultur, zu einem Stücke nationaler Cultur.

Von

G. van Muyden.

eit einigen Jahren coucentrirt sich das Jackeresse der Marine-Fachkreise, besonders in Deutsch­land, in der Hauptsache auf die Torpedoboote und auf die von ihnen dem Feinde eutgegeuzuschleudern- den furchtbaren Sprenggeschosse. Kein Wunder da­her, wenn einerseits Alles ausgeboteu wird, um diese Boote, wie auch die Torpedos selbst, immer leistungsfähiger zu machen, und wenn von allen Seiteil diesbezügliche Vorschläge auftauchen.

Die Torpedoboote, d. h. diejenigen leichten Fahr­zeuge, welche speciell dazu bestimmt sind, sich dem Feinde möglichst zu nähern und alsdann den oder die mitgeführten Torpedos gegen denselben abzu- schießeu, habeil vornehmlich zwei Bedingungen zu erfüllen: Sie sollen eine solche Geschwindigkeit ent­wickeln, daß sie jedes feindliche Fahrzeug einholen, aber auch sich gegebenen Falles der Verfolgung schleunigst entziehen können; dann müssen sie mög­lichst unsichtbar sein, damit ihre Annäherung nicht so leicht bemerkt wird.

Erstere Bedingung erfüllen besonders die deut­schen Torpedoboote in hohem Maaße, da sie eine

Geschwindigkeit voll über 20 Knoten entwickeln und damit jedes Panzer- oder Kreuzerschiff um mehrere Knoten schlagen. Mit der Unsichtbarkeit hapert es aber noch bedenklich. Einmal bildet der vom Dampf­betrieb unzertrennliche Schornstein ein ziemlich weck sichtbares Object; sodann hat aber das Bestreben, den Schiffsrumpf dem Blicke des Feindes möglichst zu entziehen, dahin geführt, daß mall den aus- tauchenden Theil desselben so weit angänglich ver­kleinerte. Dies hatte aber zur Folge, daß jede Welle über das Deck hinwegschlägt, und daß der Aufenthalt aus den Torpedobooten bei Seegang ge­radezu unerträglich wird. Baut man aber die Tor­pedoboote größer lind macht sie dadurch seetüchtiger, so müssen sie sich in respektvoller Entfernung vom Feinde halten, weil sie sonst voll den schweren Ge­schossen derselben sehr bald in den Grund gebohrt werden, und ihre Torpedos aus weiter Ferne, das heißt mit geringer Aussicht auf Erfolg, schlendern, da die bisher eingeführten nicht lenkbar sind, und somit gegen ein bewegliches Ziel nur aus größter Nähe brauchbar sind.