Heft 
(1.1.2019) 09
Seite
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A. Müller von Brandenburg.

So wird also Ihr Sohn"

Bronker ließ ihn nicht weiter reden.

Ich habe keinen Sohn;" sagte er hart,der Mann, der meinen Namen trägt und mich von sich stieß, der die Bande des Blutes und der Freund­schaft zerriß, was geht er mich an? Willst Du etwa der Fürsprecher dieses Herrn von Bronker sein, der, um einen unbequemen Gegner loszuwerden, Dich in das Gefängniß sandte?"

Es war ja nur ein Jrrthum, ein übermäßiger Eifer des Polizeiraths, der seinen Mißgriff bald erkannte und sich demüthig entschuldigte!"

Und das hast Du Dir weismachen lassen? Du hast ein kurzes Gedächtniß, Heinrich Falk, sonst solltest Du Dich wohl auch daran erinnern, wie er damals das Herz Deines Weibes mit Füßen trat."

Fast möchte ich ihm dafür danken," rief Falk, denn sein Vergehen brachte mir das Glück, meine Kleine zu gewinnen, die beste Frau, die der Erd­boden trägt."

Mag sein. Aber ich bin ein schlichter Mann, der nicht gelernt hat, die Dinge anders zu nennen, als sie heißen, und ich meine: Recht muß doch Recht bleiben. Schweig' mir also von Conrad von Bronker; Du weißt, ich bringe den Namen nicht gern über meine Lippen."

Falk war verstimmt. Wollte denn dieser alte Mann unbeugsam bleiben, gab es denn kein Mittel, ihn anderen Sinnes zu machen? Er sann nach, aber es wollte ihm durchaus nichts einfallen. Da hörte er plötzlich draußen Bärbi's Stimme, und ein Gedanke durchblitzte ihn. Er eilte hinaus und fand Bärbi mit Leonie, welche soeben wiederge- kommcn war, weil ihr die Sorge um ihren Gatten keine Ruhe gelassen hatte.

Sie kommen gerade zu rechter Zeit, gnädige Frau," rief er,ich bitte Sie, mir mit Bärbi in mein Zimmer zu folgen."

Er zog beide hinein und deutete mit der Hand auf Bronker, der an einen Tisch gelehnt, erregt dastand.

Dort steht ein Vater, der seinen Sohn ver­gessen hat," sagte er,ein Mann, der selbstbewußt von sich zu sagen wagt: Ich bin gerecht! Mein Wort war machtlos, seinen Sinn umzustimmen, ver­suchen Sie Ihr Heil und gebe Gott Ihnen eine Sprache, die zu feinem Herzen dringt."

Bronker sah auf.

Wer ist die schöne Dame?" fragte er Bärbi.

Ich bin das Weib Ihres Sohnes," erwiderte Leonie.

Ich habe keinen Sohn."

Aber eine Tochter, und diese steht vor Ihnen und fragt, womit sie es verschuldet hat, daß sie sich nicht Ihre Tochter nennen darf."

Schonen Sie einen alten Mann," sagte Bronker, ich sehe eine Thräne in Ihren Angen, die ihn ver­klagt. Ich bin nicht verantwortlich für die Wun­den, die jener Mann schlug."

Was er an mir that, Vater." entgegnete Leonie mit Wärme,darüber hat nur Gott und ich zu richten. Auch ich war schuld, daß der Geist der Eintracht und Zufriedenheit nicht in unserm Hause weilte, ich habe das erkannt und bereue es. Vergebt, auf daß Euch wieder vergeben werde, richtet nicht, ans daß man Euch nicht richte. Das Vergangene kann nicht ungeschehen gemacht werden, aber Gegenwart und Zukunft liegen noch in unserer Hand. Dein Sohn ist mein Gemahl, und so bin ich Deine Tochter und habe ein Recht auf Dich und Deine Liebe. Willst Du mich verstoßen, wie Du Deinen Sohn verstoßen hast?"

Leonie hatte mit steigender Erregung gesprochen und stand jetzt mit gervthetem Gesichte vor dem alten Manne, dem sie ihre Rechte entgegeustreckte. Einen Moment noch zögerte er, dann aber ergriff er bewegt die dargebotene Hand.

Nein, Leonie," rief er,Gott gab mir keine Tochter, die mit ihrer Liebe mir den Abend mei­nes Lebens erhellen konnte, ich murre nicht, daß er mir dieses Glück versagt hat, aber wenn Du fort­an mein Kind sein willst, dann sehe ich mit Stolz und Freude auf diese Tochter und nehme Dich froh und dankbar an mein Herz, Dir getreu zu blei- beu bis an das Ende meiner Tage. Bist Dil es zufrieden?"

Jubelnd, unter Thränen lächelnd, warf sich Leonie an seine Brust und küßte ihn.

So!" rief sie dann,die Tochter ist bei Dir, und wo sie ist, da ist doch auch der Platz ihres Gatten!"

Der Alte antwortete nicht. Seinen Sohn wie­der aufzunehmen, schien ihm nicht möglich, aber be­vor er noch seinem Widerspruch Worte zu leihen vermochte, ergriff Bärbi bereits das Wort:

Ohm," sagte sie eifrig,wenn Euch der Con­rad auch gekränkt hat, und wenn Ihr auch glaubt, ihn nicht mehr lieben zu können, das Band, das Euch mit ihm verbindet, bleibt doch unzerreißbar, und wenn Ihr Euer Kind auch hundertmal aus Eurem Herzen stoßen wollt, es bleibt doch darin, und alles Sträuben hilft Euch gar nichts. Na, wozu also die Müh'?"

Können Sie unseren Bitten denn noch wider­stehen?" sagte Falk, der bisher geschwiegen hatte. Haben Sie den Muth, Ihrem Conrad immer noch zu grollen?"

Nein," rief Bronker,wenn Ihr alle ihm ver­zeiht, die er gekränkt hat, dann soll sein Vater allein ihm nicht mehr zürnen. Wo ist er?"

In unserem Hause, wie ich glaube," entgegnete