Heft 
(1.1.2019) 09
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Zur Charakteristik König Ludwig's II.

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in seinen daraus entspringenden Unternehmungen bestärkt haben. Tief und schwer hatte man seine Souveränität beleidigt, als man ihm die Irren­ärzte ins Schloß gesandt, über deren Erscheinen er sich völlig klar war. Hätte man ihm schonend ge­sagt:Majestät sind leidend und brauchen Pflege, nach einigen Monaten der Ruhe legen wir die Re­gierung wieder in Ihre Hände zurück," wer weiß, ob nicht der König mit der Zeit ruhig das Schick­sal der Entthronung getragen. Tief und zu rasch sah er sich herabgestürzt von schwindelnder, einer nach seinen Begriffen unnahbaren und unfehlbaren Höhe und er mag dann wohl mit Wallenstein em­pfunden haben:

Was ich mir ferner noch erstreben mag,

Das Schöne ist doch weg und kommt nicht wieder!"

das kalte Wasser ihn umfängt, zum momentanen Bewußtsein.

Die Stelle, an welcher der König den Tod fand, ist manchem Touristen am Starnberger See bekannt, die Sommerfrischler des benachbarten Leoni machen hier auf ihren Spaziergängen Halt und schauen begehrlich nach dem verbotenen Parkeingang, die Dampfschiffe, welche bei Schloß Berg seit Jah­ren nicht mehr anlanden dursten, fahren an der unheimlichen Stelle dicht vorüber, wo Weiden und Erlengebüsch ihre Zweige in dem smaragdgrünen See spiegeln. So hat dieser entzückende See, das Eldorado der Münchener vornehmen Welt, in dessen Nähe einst Karl der Große geboren wurde, an dessen Ufern die Kaiserin von Oesterreich das Licht der Welt erblickte, und wo vor einigen Jahren Hack-

Ort der Auffindung der Leichen des Königs Ludwig und des Dr. v. Gudden im Starnberger See. Nach der Natur gezeichnet von Hans Bartels. An den zwei Stöcken fand man vr. v. Gudden's Leiche, am Busche diejenige des Königs, etwas weiter in den See hinaus.

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Sein ruhiges Verhalten war Stille vor dem Sturm, sein Kammerdiener kannte diesen Zustand und haste De. Gudden gewarnt. Der König ging mit dem berühmten Irrenarzt im Parke spazieren, ruhig, friedlich, klare Antworten gebend, aber mitten in dieser ruhigen Geistesverfassung mögen ihm wohl Gedanken an seinen unglücklichen Bruder Otto ge­kommen sein, und daß auch er nun ein Gefangener seiner vermeintlichen Verfolger sein werde, kurz, die gesammte Bevölkerung kann sich der Ansicht nicht verschließen, daß der also gefesselte, nach plötz­licher Freiheit dürstende Monarch mit vollem Be­wußtsein in die Fluten des Sees gegangen ist; denn ein Tobsüchtiger kommt in einem Augenblick, wo

länder und Hallberger starben, ein Erinnerungs­zeichen mehr erhalten, und mancher Balladensänger, mancher Novellist oder Dramatiker wird sich einst des tragischen Stoffes bemächtigen, der sich in den Pfingsttagen 1886 hier abgespielt.

Im Dom zu Sanct Michael in München haben sie ihn bestattet, dort ruht er neben dem großen Ahnherrn Kurfürst Maximilian, dem Haupt der Liga, dem einzigen deutschen Fürsten, der den 30 jährigen Krieg überlebte. Thränen, viele Thrä- nen sind geflossen während des imposanten Leichen- zuges, der sich durch die Straßen Münchens be­wegte, denn die Liebe höret nimmer auf, sagt die Schrift. Wir, die wir noch gesund und dankerfüllt