Ihr Geheimniß.

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Hautfarbe, das Türkisblau des schimmernden Augen­paares ward durch das Helle Olivgrün des Plüsch und der wallenden Federn künstlich gehoben.

Die Stunden der Nacht rannen langsam fort, wahrend sie dahinklapperten. Professor Lenz über­redete Lady Emmily sich ausznstrecken und zu schla­fen. Sie protestirte schwach, zog prüde erst die eine, daun die andere Fußspitze in die Höhe, nahm den koketten Federhut von dem welligen Goldhaar, fuhr mit langen schlanken Händen ordnend durch die zerdrückte Frisur, — dann schmiegte sie wie ein müdes Kind das Köpfchen an das Rückenpolster, suchte nach einem Stützpunkte und fand ihn, schon halb entschlummert, an der Schulter des Professors. Die schmächtige Gestalt streckte sich auf den rothen Plüschpolstern, die langen, flachen Füße kamen all­mählich unter den Kleiderrüschen hervor.

Professor Lenz war in die unangenehme Lage versetzt, regungslos in seiner Stellung zu beharren, wollte er die hübsche Wachspuppe nicht aus ihrer Ruhe schrecken. Er versuchte einzuschlafen — der Schlaf floh ihn.

Als er plötzlich, nach vergeblichem Bemühen, die Angen aufschlng, begegnete er denen der ge- heimnißvollen Reisegefährtin, die groß, ernftprüsend auf ihn geheftet waren, mit einer Art angstvollen Frage; ein Blick, der ihm urplötzlich die Ueber- zeuguug brachte, er sei diesen Augen nicht zum er­sten Male im Leben begegnet und sie selber lege sich die gleiche Frage eben vor, wo und wann das geschehen?

Im nächsten Augenblick gehorchte er dem ersten Impuls und gab dein Eindruck Worte. „Mein gnäd."

Da stockte er schon.

War sie eine Frau — ein Fräulein? Ueber die allererste Jugend mußte sie sicher hinaus sein. In der Haltung lag etwas Sicheres, Bewußtes, — etwas der Selbstbestimmung Gewohntes, aber in der ganzen Erscheinung wieder fand sich senes un- definirbare Etwas, das man mit Mädchenhaftigkeit bezeichnen möchte.

Er half sich mit einem: „meine Gnädige" über die Klippe fort, als er mit leisem Räuspern noch­mals nnhnb:

„Meine Gnädige, ich muß bereits die Ehre ge­habt haben, Ihnen vorgestellt zu sein. Vergeben Sie dem uugalanten Gedächtniß des vielbeschäf­tigten Arztes, wenn er sich nicht erinnern kann, ob die Bekanntschaft aus dem Privat- oder Berufs­leben datirt. Professor Georg Lenz," stellte er sich mit einer Verbeugung vor.

Sie schien wie von einer Gemüthslast aufzu- athmen. „Ich höre Ihren Namen freilich nicht zum ersten Mal, Herr Professor," sagte sie mit eisiger Höflichkeit, von der er fühlte, daß sie eine

Abweisung meinte, „aber im Zusammenhang mit meiner Person ward er mir zum ersten Mal ge­nannt. — Ich hatte nicht die Ehre einer persön­lichen Bekanntschaft," markirte sie ihre Unnahbar­keit noch schärfer; und in dem Ton lag: ich habe auch nicht den Wunsch nach derselben. Als nun der Mann stolz und beleidigt sich fortwandte, setzte sie begütigend hinzu:

„Uns Beide wird eine schwache Aehnlichkeit ge­täuscht haben."

„Bei einer so alltäglichen Erscheinung wie ich es bin, Ihrerseits wohl möglich, meine Gnädige," sprach er nun auch gemessen. „Ich komme übri­gens auch zu der Ueberzeugnng, daß, wenn ich Ihnen je begegnete, es nur ein flüchtiges Vorbeistreifen gewesen sein kann. Ihre Stimme — ich habe ein besonders scharfes Gedächtniß für das respective Organ der Persönlichkeiten, mit denen ich in nähere Berührung komme — hätte ich nicht vergessen." Auch diese eigenthümliche Blässe wäre Dir nicht aus der Erinnerung gekommen, commentirte er in­nerlich, als er die Unterhaltung mit einer steifen Verbeugung abbrach.

„Sie will keine Annäherung, — o Prinzessin — Professor Lenz hat sich noch keiner Seele auf- gedrängt. Der gesuchte, umfeierte Professor, bei dein Gräfinnen und Fürstinnen geduldig anticham- briren, buhlt nicht um ein gnädiges Wort von Euer Majestät hochmüthigen Lippen. Wir können auch mäuschenstill die Reise miteinander sortsetzen."—

Wo in der Welt Hab' ich nur diese eigenthüm- lichen Augen mal gesehen? Oft wiederholt der liebe Gott in seiner Erschaffnngsfrende diesen barocken Geschmack bei Menschen nicht. Wahrhaftig, — es sind Dohlennngen; große, phosphoreseirende schwarze Pupillen, mit ganz Heller breiter Iris, — Angen, die gleichsam von innen erleuchtet scheinen. Mein Gott, ich bin ihnen irgendwo begegnet, schreckens­weit anfgerissen, mit glasigem, erstarrtem Blick darin, sie haben mich durch das Außergewöhnliche frappirt; — sie müssen mit irgend etwas Gräßlichem, das ich in der Praxis erlebte, in Verbindung ste­hen; aber wo — wo nur?" Und nun zermarterte er, den Kopf in die schlanke Hand gestützt, sein Hirn und ging all die vielen interessanten Fälle seiner ärztlichen Erfahrungen durch. — Vergeblich! —

Unter der Zeit musterte die Dame aus ihrer Ecke ihn verstohlen von der Seite. War er wirklich so alltäglich, daß man ihn leicht mit einem Dutzend anderer Menschen verwechseln konnte? Die mittel­große, schlanke Gestalt, das normale sympathische Gesicht von dunkelblondem Vollbart umrahmt, — ja, da mochte er Recht haben; aber in der vorge- bauten Stirnbildung und den tief darunter liegen­den, von starken Brauen kühn überwölbten Angen, lag auch ein Apartes, das ihn von der Masse unter-