Heft 
(1.1.2019) 10
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Ferdinand Lsey'l.

rollen hier und da Stücke der Uferselsen herab, ein Bild der Revolution und Um­bildung in der Natur, wie es nicht überall in gleicher Weise beobach­tet werden kann.

Eine Wanderung in das Jdarthal ist von höchstem Interesse durch die an den Ufern des gleichnamigen Baches liegenden Achatschleise- reien (nahe vierzig), welche der ganzen Ge­gend Wohlstand ver­liehen haben und wohl noch heute, wenn auch in minderem Maaße verleihen. Feldbau und Viehzucht sind hier un­bedeutend, da aber die Gegend vor etwa vier Jahrhunderten reich an Achat, Amethyst und Bergkrystall war, so bildete sich hier jene bereits erwähnte Industrie heraus welche lange Zeit hindurch fast nur diesem beschränkten Land­striche eig enthümlich war.

Man will behaupten, daß ein Graf Johann von Saarbrücken im 14. Jahrhundert in Bologna studirt und nach Rückkehr ans Italien, die Achat­schleiferei hier, in dem ihm lehenspflichtigenJdar- bann" (Oberstem, Idar, Fischbachthal) nach italie­nischem Muster eingeführt habe. Eine Verordnung vom Jahre 1497 verfügte, daß der dritte Centner der hier ausgegrabenen Achate der Herrschaft gehöre.

Ende des 16. Jahrhunderts gedieh die Achat- schleiserei unter Philipp Franz von Dhaun und Oberstein zu besonderer Blüthe, denn der Graf gründete selbst Schleifmühlen und erklärte das Hand­werk gleich den übrigen Gewerken für zünftig. Reich war damals in dem Porphyr- und Mandel­steingebirge die Ausbeute an Achaten, Amethyst- Drusen, an Bergkrystallen, Würfelzeolithen (Cha- basie) und Harmetom (Krenzstein). Alle Messen: Frankfurt, Nürnberg, Leipzig wurden von den flei­ßigen Händlern und Vermittlern der Gegend be­zogen und Wohlstand kehrte ein, wo bis dahin Armuth geherrscht. Die Production aber nahm überhand und so beschränkte eine Verordnung vom 16. Januar 1609 die Erlernung der Schleifkunst auf die Meistersohne, sie verbot die Ausübung des Schleifens bei Nacht und Licht u. s. s. Vor etwa

50 Jahren aber nahm der bisherige Reichthum des Materials ab, die Berge waren erschöpft, das Rohmaterial war zum Theil unrichtig und schleuderhaft verwerthet worden. Da wollte es der Zufall, daß um 1827 nach Brasilien übersiedelte frühere Be­wohner der Gegend dort reiche Lager von Achat in losem Ge­schiebe an den Flnß- ufern fanden. Von da ab bis heute treffen große Ladungen solcher Rohsteine aus Brasi­lien in Oberstein und Idar ein, so daß das Steingraben in der Gegend ganz anfgegeben worden ist. Anfänglich stellten die Gesteine sich sehr billig, da sie zum Theil als Ballast ver­laden, fast frachtfrei bezogen werden konnten. Das freilich hat sich ge­ändert, wohl aber vermag Kunst und Wissenschaft den Steinen eine künstliche Färbung zu geben. Diese wird hergestellt durch Wärme, durch Brennen im Feuer, durch Honig, Schwefelsäure und ähnliche Mittel und Chalcedou, Onyx und Carneol in schwa­cher Farbe, werden auf diese Art in den prächtigsten Lichtern und Schattirungen hervorgelockt. Die Schweiz liefert jetzt viel Bergkrystall und auch Topas und Jaspis, Steine ans Aegypten, werden vielfach ver­arbeitet. Zu den Fassungen dieser zum Theil halb- edeln Steine benutzte man anfänglich im Feuer ver­goldeten Tomback, bis dieses Material den neueren Metallen und besserer Vergoldung (vergoldeter Bronce) wich.Obersteiner Gold" war eine beson­dere Bezeichnung für diese Fassungen und es fehlte früher und fehlt auch heute nicht an thatsächlichen Kunstwerken der hiesigen Industrie; alte Stücke der­selben schmücken zur Zeit noch gar manche Kunst­sammlung der Liebhaber und Kenner.

Diese Industrie ernährte seiner Zeit wohl 1000 Familien und etwa 6000 Personen in dem ganzen Districte, während heute diese Zahl wesent­lich znrückgegangen ist. Die materielle Sicherung verschafften dem Obersteiner den Ruf eines lebens­lustigen, aber auch den des unverdrossenen, sich schwer mühenden Arbeiters, denn ein härteres Brod in doppelter Beziehung gab und giebt es

Am Polier-Block. Acdatschleifer im Jdarthal.