Kleine Erlebnisse eines Weltreisenden.
Von
Frank-Harkut.
i.
Eine spanische Idylle.
WAürchten Sie sich nicht! Ich bin kein gelehrter Reisender. Ich lasse meine Bücher zn Hause. Ich sehe nur den Himmel und die Wolken; die Berge, Blumen und Bäume; das Meer und die Menschen. Bor Allem die Menschen, die athmenden, lebenden Menschen. Alles was da gestorben ist — regnioseat in pnos!
Was ist mir ein Schlachtfeld? Ich wandle ruhig darüber hinweg, höre nur die Lerche trillern, während sie sich hoch in die Lüfte schwingt, sehe nur, wie die ersten Primeln schüchtern ihre gelben Blüthenkelche über den zartgekräuselten Blättern öffnen, und athme befriedigt ihren Dust ein, welcher den kommenden Frühling verkündet. Was kümmern mich die gefallenen Helden, deren Gebeine ruhig unter der srischgrünen Rasendecke der Auferstehung harren? Sie schlummern in Frieden, ihr Kampf ist ausgekämpft. Was sie gethan, warum sie es gethan, steht lang und breit in den Büchern, Seite so und so viel. Schlagen Sie Ihren Bä- deker auf. —
Unter mir rauscht rollend der weite Ocean. Der Westwind jagt die weißschäumenden Wogen gegen die felsige Küste. Donnernd bricht der Gischt haushoch empor. Fern im Westen verschwimmen in bläulichem Dust die Umrisse der cantabrischen Berge.
Ueber mir, von dem Mauerkranze eines runden Thürmchens, weht stolz die rothgelbe hispanische Flagge. Durch eine enge Luke späht ein Küstenwächter mit seinem alten, langen, pergamentumkleideten Fernrohr. Ein kleines Fahrzeug schaukelt sich weit draußen auf hoher See. Riecht die Spürnase über mir den Tabak, welchen der verwegene Seemann irgendwo an die verbotene Küste zu schmuggeln hofft?
Die Luft ist warm und wonnig. Die Sonne wirft ihr goldenes Licht über Meer und Land. Wolkenschatten gleiten eilend darüber Hin7 Weiße Möven kreisen krächzend über der Flnth. Wir wandeln gemächlich den sanft ansteigenden Pfad hinan, welcher sich um die Bergveste schlängelt. Wir, nämlich mein Freund und ich.
Vor drei kurzen Tagen sausten wir, vom Dampfroß gezogen über die schneebedeckten Ebenen des Deutschen Reiches. Alles in ein dichtes, weißes Leichentuch gehüllt. Die Menschen draußen froren. Bis nahe an das alte, ehrwürdige Köln schaute es so winterlich ans. Dann verschwand der Schnee, aber es ward nicht wärmer. Auch die Franzosen froren noch. Ueber der Garonne bei Bordeaux lag ein dichter, kalter Nebel. Als wir aber in die Kieferwälder des sandigen Landes kamen, da brach die liebe Sonne durch den dichten Schleier und wir athmeten mit vollen Lungen den aromatischen Duft der harzigen Bäume.
Bei Bayonne — wo man das Bayvnnette erfand — fing der Frühling an. Löwenzahn und Primeln blühten an der Wegseite.
Die Pyrenäen versperren den südlichen Horizont; tiefpurpurn, von zackigen Felshäuptern überragt. Ganz fern im Osten leuchtet, aus einen
Augenblick nur, die eisige Spitze des Uio äu niicki auf. Dann verschwindet sie wieder hinter den Bäumen und sanft anschwellenden Hügeln des Vorlandes.
Rechts öffnet sich ein Blick auf das atlantische Meer. Es ist in Hochfluth. Die Brandung donnert ungestüm gegen den Strand. Steile Felsnadeln stehen in den Wogen als vorgeschobene Posten auf einsamer Küstenwacht. Jetzt den Kopf heraus und rückwärts geschaut! Dort sieht man am Strande