Heft 
(1.1.2019) 10
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Or. rnsä. ksermann Ulencke.

uns aber zuerst Noth eine Reform der Erziehung, die Erziehung einer besseren Generation.

Auch vor 100 Jahren, als das allgemeine Lo­sungswort war: Rückkehr zur Natur, war man über­zeugt, daß bessere Zustände nur kommen konnten, wenn man die Kinder besser erziehe. Rückkehr zur Natur von verknöcherten Gebräuchen, conventioneller Literatur und einer in Ungerechtigkeit und Heuchelei erstarrten Gesellschaft; Rückkehr zur Natur, um der Rathlosigkeit und Verderbnis; auf der einen Seite ein Ende zu machen, andererseits um den revolutio­nären Bestrebungen auf socialem uud culturellem Gebiete eine heilsame wirklich schöpferischsruchtbare Richtung zu geben, das war das Losungswort des Apostels jener großen Zeit, Rousseau's.

Aber Rousseau beging den schweren Fehler, we­gen der Auswüchse und Verirrungen nun die ge­summte Cultur zu verwerfen und den reinen Natur­zustand ohne Cultur zu preisen als Stand der Un­schuld und des Glückes. Noick ost, dlsn, beginnt der Emile Rousseau Erziehungswerk, soi-tnnt äas niniiis äs l'aiitsiii' ä68 6 li 0868 ; tonck äkAknärk erckrs

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engelhaft gut und rein ist, und sich nur frei ent­falten dürfe, um wie ein voller herrlicher Mensch zu werden; ebensowenig wie wir meinen, daß ein Kind voll stecke von der Erbsünde, die man in ihm ertödten müsse in strenger Zucht, sondern wir wis­sen, daß ein Kind mit gewissen von Eltern und Vorfahren ererbten Anlagen uud Neigungen geboren wird, daß also die Erblichkeit eine große Rolle spielt, daß es nun also die Aufgabe der Erziehung ist, diese erblichen Anlagen richtig zu erkennen und die passenden zu entwickeln, die schädlichen zu hem­men. Wir wissen, daß der Mensch selbst in ge­wissem Alter diese Erziehung übernehmen muß; die Selbsterziehung in wachsender Selbsterkenntniß. An Leuten, die diese Selbsterziehung versäumt haben, und an denen sich eine schlechte Erziehung versün­digt hat, muß die Erziehung oft nachgeholt werden in Irrenanstalten. Kinder aber mit sehr schlechter Erblichkeit, Kinder von Säufern, Nervenkranken re. haben oft eine so schlechte Erblichkeit, daß sie gänz­lich unerziehbar sind und dann der Gesellschaft zur Last fallen. So sieht man, Jeder ist mit seinem Lebenswandel und Grundsätzen nicht nur sich ver­antwortlich, sondern der Gesellschaft, welche die Fol­gen seiner verminderten Sittlichkeit theils direct, theils in den Kindern tragen muß. In diesem Sinne sprach ich von Sittlichkeit, besser Ethik im modernen Sinne, daß nicht jeder Cirkel und Stand oder jeder Einzelne eine Privatsittlichkeit und Maßstab hat, wenn er nur nicht mit dem Gesetze in Conflict geräth, sondern daß er sich als Glied der großen menschlichen Gesellschaft fühlen muß, der er verantwortlich ist. Wie es eine handwerks­mäßige Auffassung der Medicin ist, immer nur die Einzelfälle von Erkrankungen zu behandeln, niemals aber nach den tieferen gemeinschaftlichen Ursachen dieser Erkrankungen zu fragen und dort den Hebel anzu­setzen, so ist es auch eine sehr mechanische Auffassung des Rechts, immer nur den Einzelverbrecher gegen einen Gesetzesparagraphen abzustrafen, statt in unseren gesellschaftlichen Verhältnissen zugleich die Ursachen anfzufuchen zur Vermehrung gewisser Verbrechen uud die Erklärung gewisser Erscheinungen in der Ver­brecherwelt. Dies mechanische Abstrafen der Ver­brecher durch den Richter, der sich dann gar nicht mehr um das Schicksal der Bestraften kümmert, ist höchst ungenügend. Die Gesellschaft selbst muß auch in dieser Beziehung dieallgemeine Wehrpflicht" üben, die Vorbereitung der Verbrechen überwachen und zu verhüten suchen, sich mehr als gegenseitig verbunden ansehen als immer sagen: meng' Dich nicht in Sachen, die Dich Nichts angehen. Der moderne Sittlichkeitsbegriff fordert weiterhin, den Menschen nicht mehr darnach zu bemessen, was er unterläßt, 'daß er 'nicht lügt, stiehlt, cködtet, ehe­bricht, verleumdet und Anderer Besitz begehrt,