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(01/01/2019) 11
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Ihr Geheimniß.

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hatten Ihre Spur ja ganz verloren. Welch ein herrlicher Zufall, daß mich der Diener von Lady Haughtvn gerade im Hotel in Neapel aufkapern und hierher bringen muß, um in dem ersten Menschen hier Sie zu finden. Ich wollte meinen Augen ja nicht trauen und fürchtete, mich affe eine Aehnlichkeit. Dann fiel mir ein, wie Ihre Groß­mama Ihnen immer von Capri vorgeschwärmt, und ich begriff im Augenblick, daß Sie gerade hierher sich zurückgezogen haben mußten."

Und mein Vater?" kam es gepreßt von Sybillens Lippen.

Frau Schneider zauderte.Waren Sie ganz ohne Nachricht von ihm, Comtesse?" fragte sie aus­weichend.

Er schickte mir meinen flehentlichen Brief um Vergebung, den ich ihm durch durch den Direetor sandte, nneröffnet durch diesen wieder zurück. Dann, als als ich mein Leben wieder neu begann, ließ er mir durch seineu Anwalt mein mütterliches Erbthcil anszahlen und verbat sich ein für alle Mal alle brieflichen oder persönlichen Annäherungsversuche. Sage mir, Ernestine, bleibt er unerbittlich hart, wird er sein Kind denn ine anhören wollen, will er mir nicht das Recht des schlimmsten Böseivichts zugesteheu, mich wenigstens verantworten zu dür­fen?"

Die Alte schüttelte auf diese herzzerreißende Klage wehmuthsvoll das Haupt.Meine arme Comtesse," sagte sie mitleidsvoll,geben Sie die Hoffnung auf, sich mit dem Unversöhnlichen zum guten Ende nuszusprechen. Sehen Sie, so flehte auch Ihre liebe Mutter einst zu ihm, und er hat sie nie anhören wollen; und zwischen ihnen stand doch nichts, als eine unschuldige, harmlose Jugendliebe, die ihm verschwiegen wurde, als Ihre Mutter sich zu der glänzenden Heirath überreden ließ. Später hat sie ihn ja lieben gelernt, aber da hat er sich stolz zürnend von der armen Frau gewandt, die Andere ihm verketzert und verleumdet; und sie hat ihr junges Leben einsam vertrauern und verkümmern müssen, bis wir sie in ihr frühes Grab trugen. Hoffen Sie nichts von dem harten Herzen, jetzt weniger denn je."

Wieso jetzt weniger, Ernestine?"

Haben Sie gar keine Nachrichten über Ihren Vater, haben Sie jede Verbindung mit der Heimath abgebrochen?" fragte sie zaudernd.

Sybilles trauriges Kopfschütteln antwortete ihr.

So haben Sie nicht erfahren, daß Ihr Vater sich wieder vermählt hat, mit mit einer Frau, die es geschickt verstanden, der Eitelkeit des alten Mannes zu schmeicheln, ihm einzureden, daß er geliebt wird?"

Mit einem schmerzhaft überraschten:Oh!" hatte Sybille beide Hände an die Schläfen gepreßt.Wen

hat er an den Platz meiner Mutter gestellt?" Preßte sie dumpf hervor.

Eine Tänzerin," brach die Getreue nun un­willig los,eine italienische pi-inm palloilna, die in Berlin Gastrollen, gab."

O, mein armer Vater," stöhnte Sybille auf und dann in gesteigerten Accenten:Das ist der

stolze Gras, der keinen Flecken auf seinem Namen duldet, der ihn ausbrennt mit flammender Ver­nichtung, der sein Kind von sich stößt aus Liebe zu seinem Namen! Er heirathet heirathct eine Tänzerin!" lachte sie wie wahnsinnig auf.

Sie haben ganz Recht, Comtesse, es ist em­pörend; und ich Hab' der abscheulichen Komödie mit dem alten Herrn auch nicht lange geduldig- sehen können. In Neapel schon..."

Mein Vater in Neapel?" schrie Sybille auf­geregt.

Still, still, armes Kind, er ist schon wieder fort, nach Deutschland zurück seit heute Morgen. Ich hatte der Gnädigen mit der Autorität einer bewährten alten Dienerin des Hauses meine Mei­nung etwas derb darüber gesagt, wie sie den alten Herrn malträtirte mit Capricen und ihn todtmüde von Vernügen zu Vergnügen schleppt, um unver­schämt mit ihren jungen Anbetern zu kokettiren und da haben wir schnell begriffen, daß wir nicht länger zu einander passen und je eher je lieber uns trennen müßten. In der Offerte des englischen Lakaien, der im Hotel nach einer Kammerfrau nach­suchte, bot sich eine günstige Gelegenheit und, Gott sei Dank, sie führte mich Ihnen zu."

Und doch, Liebe, Gute, kann ich Dich nicht gebrauchen, den Luxus darf ich mir bei meinem bescheidenen Einkommen nicht gestatten; ja mehr noch, gute Ernestine, ich muß Dich bitten zu ver­gessen, daß ich je Gräfin Sybille war, etwas an­deres je gewesen, als das einfache Fräulein Werder, für das ich hier gelte. Ich rechne auf Deine Verschwiegenheit, was auch geschehe, kein Mensch darf ahnen, was hinter mir liegt. Hörst Du, Ernestine?" wiederholte sie mit ernster Dringlichkeit.

Wie könnten Sie glauben, Comtesse"

Gut, gut. Ich weiß, Du kannst schweigen, wie das Grab und wenn Du mich liebst, riugt Niemand und Nichts Dir die leiseste Andeutung ab. Schwöre mir das."

Freudig legte die Alte ihre Hand in Sybillens. Dann sprach sie bittend:Ich habe Ersparnisse

aus alten guten Zeiten. Comtesse, lassen Sie mich bei Ihnen bleiben."

Wir wollen es überlegen," gab Sybille zau­dernd nach,vorerst aber stelle Dich Deiner neuen Herrin vor. Wir sprechen weiter darüber, geh, treue Seele Du und ..." sie legte den Finger bezeichnend aus die Lippen.