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M. v. K
Wachtmeister der Garde-Sappeur es wieder hinausgewie- sen. Ab und zu tauchte sein Tschako innen am Flnrfen- ster auf, und die blitzenden Augen darunter schauten halb verächtlich, halb verwundert auf die feine Gestalt der Kleinen herab, die nun vor der Thür ohne Wanken ihren Posten behauptete. Der stramme Krieger wandte sich jedoch jedesmal schnell um, wenn er ihrenAugen zu begegnen glaubte, als fühlte er sich doch nicht gehärtet genug gegen deren stumme Berufung — und ein solches Wegsehen des Gestrengen benutzte die Schildwache im steifen Vorüberschreiten dem kleinen Mädchen znzuraunen:
„Was Sie wollen hier, xotits pi§6on?"
„Nonsisnr Io Aonornl ist er zu Haus?" fragte statt aller Antwort das Kind.
Der Soldat ging straff feine Strecke auf und ab und flüsterte dann im Zurückkommen vorsichtig und leise: „Er gleik kommen hierher, aber nicht gut zu sprecken heut— lieber warten mit Anliegen."
Er hätte eigentlich hinznfügen müssen, daß Marschall' Davoust nie gut zu sprechen für ein Anliegen fei, — aber er vermochte nicht dem blassen geduldigen Gesichtchen die Entmuthigung znzufügen.
Das Kind schaute zu dem gutmüthigen, jungen Franzosen auf, der ihm seinen wohlmeinenden Rath wie einem Kameraden ertheilte und, halb zur Entschuldigung seiner eigenen Hartnäckigkeit, halb um das Zutrauen des Anderen zu erwidern, sagte es nichts, als den Namen: „Legrand".
„Oh" — machte der Soldat zurückfahrend, „bös, sehr bös", — und marschirte schleunigst nach der anderen Seite des Hauses hinüber, als wollte er mit einer so verlorenen Sache nicht das Geringste zu thun haben. Doch als bald darauf vom Brandenburger Thore her Pferdegetrappel erscholl, konnte er es nicht unterlassen, die Aufmerksamkeit der wieder ruhig Wartenden durch ein bedeutsames Zeichen auf die Staubwolke zu lenken, die sich eilig von dorther näherte.
Auf einem prächtigen Berberhengst kam der be
rühmte französische General angesprengt, Marschall Davoust, Herzog von Auerstädt, später auch Fürst von Eckmühl — eine imponirende Krieger-Erscheinung, vor deren zornig gerunzelter Braue das Herz manches Tapferen erzitterte; — doch die großen Augen des Kindes waren furchtlos auf ihn gerichtet, als er die unbewegliche, wie in Ehrfurcht erstarrt vor ihm präseutireude Schildwache mit einem flüchtigen Blicke musterte und dann leicht aus dem Sattel sprang.
Dabei ereignete sich ein geringfügiger Zwischenfall. Eine lederne Brieftasche entglitt ihm und würde zwischen den Füßen des Pferdes unrettbar in den Straßenschmutz gefallen sein, wenn nicht eine kleine, hülfsbereite Hand, blitzschnell an den Hufen hingreisend, sie rechtzeitig anfgefangen hätte.
»^1i, 668t oouruAo!« sagte der General wohlgefällig zu seinem militärischen Begleiter. „Wo kommt die Kleine her — und was für große Augen sie hat!"
„Sie sollten diese schönen Angen nicht so leichtsinnig gefährden, pktito Ngckoinomollo," setzte er, zu dein Kinde gewandt, hinzu, sein Eigenthum aus desseu Haud in Empfang nehmend. „Nsrei bien! Das liebe ich — 668t ooueuAo!"
„Glückliche Unkenntnis; der Gefahr," lachte sein Begleiter achselznckend, — und beide wollten ins Hans treten, als znm Schrecken der umherstehenden Diener und Militärs das kleine Mädchen uner-
Werfender Knabe (S. 497).
Schmeichelkätzchen (S. 497).