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lkgemeine K«nöschau.
Ein originelles Album. Wer den berühmten plattdeutschen Dichter Professor Klaus Groth besucht, welcher in Kiel als Universitäts-Docent für deutsche Sprache und Literatur lebt,*) findet in dem Empfangszimmer ein Album, welches einzig in seiner Art dastehen dürfte.
Als der Dichter sein bedeutendstes Werk „Quickborn", welches seinen Ruhm begründet hat, veröffentlichen wollte, wurde er vou einem seltenen Mißgeschick verfolgt. Alle Verlagsbuchhandlungen, bei welchen er ein Interesse für dasselbe Vvraussetzen konnte, lehnten die Annahme desselben ab. Auch diejenigen Verleger, welche des Plattdeutschen mächtig waren und persönlich Gefallen an der Dichtung fanden, glaubten nicht, daß das Buch beim Publikum eine günstige Aufnahme finden werde — wobei man nicht vergessen darf, daß damals bei dem gebildeten Publikum des deutschen Binnenlandes noch nicht jenes Interesse für plattdeutsche Literatur überhaupt vorhanden war, wie es sich inzwischen durch die Verbreitung der Schriften von Fritz Reuter entwickelt hat. Klaus Groth verlor aber deshalb die Geduld nicht, sondern mit der echten Zähigkeit seines niederdeutschen Stammes setzte er seine Versuche unverdrossen fort. Und abermals häufte sich Ablehnung auf Ablehnung, an wieviele Verlagsbuchhandlungen er sich auch wendete, so daß die Zahl der Ablehnungsschreiben allmählich eine gar stattliche Summe erreichte. Während nun andere Autoren derartige Briefe wohl unwillig in den Papierkorb werfen, wurden die ablehnenden Antworten, welche Klaus Groth erhielt, von diesem im Gegentheil sorgfältig gesammelt, da er fest davon überzeugt war, daß seiner guten Sache der Sieg schließlich sicher sei, und da er für spätere Zeit die Belege dafür in der Hand behalten wollte, durch wie viele Schwierigkeiten er sich habe hin- dnrchkämpfen müssen. Und seine Hoffnung täuschte ihn nicht; endlich, nachdem lange, lange Zeit verflossen war, fand er im Jahre 1853'in Hamburg einen unternehmenden Verleger, welcher der Dichtung nicht nur eine verständnißvolle Würdigung entgegenbrachte, sondern auch das Vertrauen hegte, daß das Äerk sein Publikum finden werde. Und der Scharfblick des speculativeu Buchhändlers sollte sich glänzend bewähren, denn die Dichtung hat seitdem nicht weniger als 14 Auflagen erlebt. Klaus Groth aber ließ sich jene gesammelten Ablehnungsschreiben ein bin den und hat den ansehnlichen Band als Andenken aufbewahrt — ein Album, auf welches der nun 66 jährige Dichter nicht ohne berechtigten Stolz Hinblicken kann, da sich kaum eine effectvollere Illustration zu dem treffenden alten
Sprichworts denken läßt, das da lautet: Beharrlichkeit führt zum Ziele. 6-
Meisterwerke der antiken Kunst. Ein Zweig der Kunst, welcher bereits bei den ältesten Culturvölkern gepflegt wurde und von welchem uns in Folge der Unvergänglichkeit des dazu verwendeten Materials ungewöhnlich viele Schöpfungen erhalten sind, besteht in der Hervorbringung bildlicher Darstellungen auf edleren Steinen, sei es in erhabener oder vertiefter Arbeit. Die höchste Vervollkommnung erreichte diese Kunst bei den alten Griechen; gegen das Ende der römischen Republik gelangte dieselbe aber auch bei den Römern zu hoher Blüthe, in welcher sie sich auch noch während der Regierungszeit der ersten Kaiser behauptete.
Wie Ausgezeichnetes damals auf diesem Gebiete geleistet wurde, davon legen zwei aus uns gekommene glänzend ausgeführte Cameen (Steine mit erhabener Arbeit) von außerordentlicher Größe ein beredtes Zeugniß ab, deren kunstgeschichtlicher Werth noch dadurch erhöht wird, daß in ihren figurenreichen Compositionen in Bezug auf die kaiserliche Familie die selbständige römische Kunstrichtung besonders vollkommen hervortritt.
Das eine dieser Kunstwerke, in welchem durch die mit der geschichtlichen Aufsassungsweise verbundene großartige Symbolik das Walten der kaiserlichen Macht in ebenso würdiger wie poetischer Form dargestellt wird, befindet sich in der kaiserlichen Schatzkammer zu Wien und ist- 9 Zoll breit und annähernd ebenso hoch. Die nicht minder geistvolle als zarte Arbeit stellt Augustus als irdischen 'Jupiter dar, gemeinsam drohnend mit der Göttin Roma; auf der einen Seite an den Thron sich anlehnend die allegorischen Gestalten des Ueberflusses, des Meeres und der Erde, von welchen die Letztere einen Kranz über das Haupt des Kaisers hält; auf der anderen Seite Tiberius als Besieger Jllyriens, von dem Triumphwagen, den eine Siegesgöttin geleitet, herabsteigend, und Germanieus, der an dem Triumphe Theil genommen. Unterwärts sieht man Krieger, die eine Trophäe errichten, und Gefangene in nordischer Tracht. Das andere Kleinod dieser Art ist die nach ihrem früheren Aufbewahrungsorte benannte Camee der „heiligen Capelle" in Paris (jetzt im Medaillen- und Antiken-Cabinet der National-Bibliothek daselbst), welche bei einer Höhe von 114/2 und einer Breite von 9 Zoll die größte aller überhaupt bekannten Arbeiten auf diesem Gebiete ist. Diese Camee, zu welcher Sardonyx, eine Varietät des Onyx, als Material verwendet ist, kann in Bezug auf Vorzüglichkeit der Arbeit ebenso wie in
') Groth ist Privat-Docent und Titular-Professor.