Heft 
(1.1.2019) 12
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vr. I. Steinbeck.

zu. Nichts ist bezeichnender für die Schönheit dieses. Baues, als daß die Sage entstehen konnte, Michel. Angela sei der Schöpfer des Planes. Seiner würdig ist er gewiß. Unter dem Einflüsse dieses Juwels unter den deutschen Palastbanten ist dann im siebzehnten Jahrhundert der Friedrichsbau im Barockstil der deutschen Renaissance entstanden. Beide Otto-Heinrichsbau und Friedrichsbau - sind in ihrem Aeußern ziemlich erhalten und ihre fernere Conservirung ist für Fürst und Volk im neuen deutschen Reiche zur Ehrensache geworden.

Und doch giebt es noch Etwas, das dem deutschen Volke das Heidelberger Schloß interessanter und bekannter gemacht hat, als diese Prachtbauten. Das ist das Heidel­berger große Faß.

Eigentlich hat es ihrer drei gegeben, allein zwei von ihnen sind ein Raub der Zeit ge­worden. Das erste ließ Johann Casimir, ein ernster, glaubenseisriger Fürst, im Jahre 1591 als Sinnbild des über­strömenden Segens der Pfalz bauen, das zweite Karl Ludwig, und Karl Philipp ließ es 1728 ausbessern, bestellte ihm auch den berühmten Perkeo als Wächter, dem Victor von Schef­fel, der Heidelberger posla Inirraatms, ein ergötzliches Denkmal im Gaudeamus gesetzt hat.

An Wüchse klein und winzig, an Durste rie­sengroß," hat Perkeo hier in seinem Doppel­amte als lustiger Rath

des Kurfürsten Philipp Wilhelm wie als Faßwächter bis an sein seliges Ende die Heidelberger Gesellschaft mitfein schimpflichen Worten und Reden" und sich selbst täglich mit 15 bis 18 Flaschen Weines tractirt. Wer's nicht glauben will, läßt es bleiben, aber so viel steht fest: etwas geerbt von den beiden Talenten Perkeo's haben die Heidelberger und Pfälzer und bewahren bis auf den heutigen Tag eine achtungswerthe Fertigkeit imfein schimpflichen Worten und Reden," wie in: Trinken. Mein lieber Gott! manschwätzt" eben, wie's der Pfälzer Geist verlangt:groß im Gedanken, flott im Stil," und beherzigt der Väter Wahlsprnch:Wo der Wein wächst, da soll man ihn trinken." Auch Perkeo's

W

Das Heidelberger große Faß.

Faß ist leer geworden und zerfallen. Das jetzige dritte große Faß rührt aus dem Jahre 1751 von Karl Theodor her und hält 283,200 Flaschen. Seit dem Schloßbrande vom Jahre 1764 steht es als die größte Geleertheit Heidelbergs da, aber ein unternehmender Weinhändler hat sich erboten und er­beten, zu den Tagen desJubilänms-Festes es zu füllen, und die edlen Väter der Stadt haben die tiefweise Bedingung dazu gemacht, daßes eine gute Sorte sein müsse." So kann es nun wieder flott losgehen und an das fröhliche Ende der fröhliche Anfang angeknüpst werden. Dafür, daß das Faß wieder leer und der ingeniöse Weinhändler ein reicher Mann wird, ist uns nicht bange, sobaldes eine - gute Sorte ist."

Die Sonne ist hinab­gesunken. Nun gießt der Mondschein sein magisches Licht über die Ruinen und jetzt erst, meinen wir, ge­nössen wir den schön­sten Anblick. In den Büschen des Schloß­grabens und Echloß- gartens schlagen zahl­reiche Nachtigallen es ist, als ob Alles sich vereinigte, uns zu ent­zücken, zu berauschen. Wer da ruhig und kalt bleiben kann, der nun ja! der verdient, ans Heidelberg ausge­wiesen und nach Lapp­land als Staatsanwalt versetzt zu werden. Wir aber schreiten in un­beschreiblich gehobener Stimmung der Stadt zu, die lichterglänzend sich zu unseren Füßen die laue Sommernacht

ausbreitet und hinein:

singen in

Auch mir stehst Du geschrieben Jn's Herz gleich einer Braut, Es klingt wie junges Lieben Dein Name mir so traut."

Und nun schlafen gehen? Nach all' dem Schönen und Herrlichen, das wir genossen haben, die Schwüle des Hotelzimmers aufsuchen? Nein, Freund, das wäre ein Frevel an diesem Tage und an dieser wonnigen Nacht. Horch, dort aus dem Garten tönt Gläserklingen und froher Gesang, die