sein dürfte, in den jüdischen Gotteshäusern bis auf den heutigen Tag; die Thoravorlesung bildet einen Theil der Liturgie an den genannten Tagen.
All’ diese Verordnungen, die im Talmnd als die „Einrichtungen Esras“, oder als die Einrichtungen der „grossen Versammlung“, später als die „Einrichtungen der Sopherim“ (Thekanoth Sopherim) bekannt sind, waren wesentlich religiöspolitischer Natur. Denn so gebunden an das Schriftwort sich auch die „Schrifterklärer“ halten mochten, brachte es doch die Zeitströmung mit sich, dass für die mosaische Lehre dringend eine zeitgemässe Entwickelung erforderlich wurde. Man hielt es aber in der ersten Zeit nicht für nöthig, alle neuen Einrichtungen und Erweiterungen des Judenthums durch ein passendes Schriftwort zu belegen und zu bekräftigen. Denn vor Allem war die Kenntniss der Thora nicht genug verbreitet, indem das Volk im Grossen und Ganzen schon längst aufgehört hatte, die hebräische Sprache, in der die Thora niedergelegt ist, zu verstehen. Ausserdem regte sich damals noch keine Opposition gegen diese eigenartige Schrifterklärung. Indessen änderten sich die Verhältnisse im Laufe der Zeit. Die Schrifterklärer standen später an der Spitze der städtischen Bevölkerung, insbesondere des gebildeten Bürgerthums, der Magistratsmitglieder, Richter. Gemeindeältesten, die insge- sammt eine Art „bürgerlicher Demokratie“ bildeten, wie sich Renan trefflich ausdrückt. Sie geriethen in der Folge in eine heftige politische Gegnerschaft zu der staatlichen Autorität, die sich um jene Zeit in den Händen der zaddokitischen (sadducäischen) Aristokratie befand. Bei dem grossen Ansehen, das die heilige Schrift im Volk