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Ordnung gegeben sind. Abgesehen aber von diesem Mangel in der äusseren Ordnung ist die Mischna bis auf wenige Stellen klar und deutlich gehalten; die Sprache, hebräisch mit vielen lateinischen und griechischen Bestandtheilen, ist schön, oft sogar mustergiltig und von einem eigentümlichen Reiz; der Stil ist lebendig, frei von juristischer Trockenheit und Subtilität und gemeinverständlich. Die aga- dischen Bestandtheile der Mischna sind inhaltlich wie sprachlich von grossem Werth.
Wollen wir von der äussern Anordnung der Mischna absehen, so entsteht die Frage, welcher innem Methode der Redactor gefolgt sein mag? Man sieht, dass R. Juda im Wesentlichen nur solche Halachoth in die Mischna aufgenommen hat, die im religiösen Leben sich eingebürgert hatten. Ausserdem schied er alle Debatten aus und begnügte sich mit dem End- ergebniss. Glücklicher Weise sind uns die Debatten selbst in andern Sammlungen aus jener Zeit erhalten geblieben, so dass wir die Entstehung der Mischna wissenschaftlich erforschen können. Indessen hat R. Juda nicht überall die feststehende Halacha aufgenommen, in sehr vielen Fällen werden die verschiedenen Meinungen der Tanaiten erwähnt (wie wir dies schon in der ersten Mischna finden). Manches mal wird die divergirende Meinung eines Einzelnen neben der der gesamten Lehrer angeführt, obwohl doch im Judenthum der Grundsatz herrschte, dass bei strittiger Entscheidung die Meinung der Mehrheit massgebend sei. In der Mischna selbst („Edijjoth“ Abschn. 1. 4—6) wurde die Frage aufgeworfen: „Wozu sind jene
Meinungen Schammai’s und Hillel’s, die nicht re- cipirt wurden, [in die Mischna] mit aufgenommen