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Der Talmud : sein Wesen, seine Bedeutung und seine Geschichte / dargestellt von Dr. S. Bernfeld
Entstehung
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Ordnung gegeben sind. Abgesehen aber von diesem Mangel in der äusseren Ordnung ist die Mischna bis auf wenige Stellen klar und deutlich gehalten; die Sprache, hebräisch mit vielen lateinischen und griechischen Bestandtheilen, ist schön, oft sogar mustergiltig und von einem eigentümlichen Reiz; der Stil ist lebendig, frei von juristischer Trocken­heit und Subtilität und gemeinverständlich. Die aga- dischen Bestandtheile der Mischna sind inhaltlich wie sprachlich von grossem Werth.

Wollen wir von der äussern Anordnung der Mischna absehen, so entsteht die Frage, wel­cher innem Methode der Redactor gefolgt sein mag? Man sieht, dass R. Juda im Wesentlichen nur solche Halachoth in die Mischna aufgenom­men hat, die im religiösen Leben sich einge­bürgert hatten. Ausserdem schied er alle De­batten aus und begnügte sich mit dem End- ergebniss. Glücklicher Weise sind uns die De­batten selbst in andern Sammlungen aus jener Zeit erhalten geblieben, so dass wir die Entstehung der Mischna wissenschaftlich erforschen können. Indessen hat R. Juda nicht überall die feststehende Halacha aufgenommen, in sehr vielen Fällen wer­den die verschiedenen Meinungen der Tanaiten erwähnt (wie wir dies schon in der ersten Mischna finden). Manches mal wird die divergirende Mei­nung eines Einzelnen neben der der gesamten Lehrer angeführt, obwohl doch im Judenthum der Grundsatz herrschte, dass bei strittiger Entschei­dung die Meinung der Mehrheit massgebend sei. In der Mischna selbst (Edijjoth Abschn. 1. 46) wurde die Frage aufgeworfen:Wozu sind jene

Meinungen Schammais und Hillels, die nicht re- cipirt wurden, [in die Mischna] mit aufgenommen