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worden? Um die späteren Geschlechter zu lehren,, dass Niemand hartnäckig auf seiner Meinung beharren darf, da doch auch diese berühmten Lehrer nicht alle ihre Ansichten behaupten konnten. Warum wird die Ansicht des Einzelnen neben der der Mehrheit erwähnt, da doch die letztere allein für die Praxis massgebend ist? [lediglich zu dem Zwecke], dass, wenn ein [späterer] Gerichtshof es für nöthig findet, er sich auf die Meinung des Einzelnen stütze. . R. Juda (gemeint ist ein jüngerer Zeitgenosse R. Meirs und nicht der Patriarch gleichen Namens) meint d azu: die Ansicht des Einzelnen wird neben der Mehrheit nur zu dem Zwek erwähnt, um wenn Jemand eine von der geltenden Praxis abweichende Meinung ausspricht, man ihn dann mit der Bemerkung zurückweisen kann: Ja, das ist eben die bereits ausgesprochene Ansicht dieser oder jener Person“ [und schon längst widerlegt]*).
*) Diese wichtige Stelle, die R. Juda offenbar aus einer ältern Sammlung aufgenommen hat, wurde in den letzten. Jahrzehnten von den jüdischen Theologen eifrig besprochen und nach allen Richtungen hin erörtert, weil sie von ungemein grosser Wichtigkeit für die Praxis ist. Sind die Meinungen der einzelnen Lehrer neben der der Mehrheit zu dem Zweck mitaufgenommen worden, damit ein späterer Gerichtshof gegen den geltenden Brauch erstere acceptiren könnte, so dürfte man auch jetzt auf jene zurückgewiesenen Halachoth zurückgehen, wenn es die Zeitumstände erfordern. Wie wir sehen ist R. Juda nicht dieser Meinung, aber nichtsdestoweniger könnte man die zuerst geäusserte Ansicht gelten lassen. Indessen ist die angezogene Mischnastelle in ihrem Wortlaut nicht ganz deutlich, wahrscheinlich ist eine spätere Interpolation hinzugekommen (die ich in der Uebersetzung ausgelassen und dureh Punkte angedeutet habe), weil man eben die Konsequenzen dieser Aeusserung scheute. Da meine Abhandlung keinen theologischen Zweck verfolgt, so nehme ich.