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Der Talmud : sein Wesen, seine Bedeutung und seine Geschichte / dargestellt von Dr. S. Bernfeld
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später epochemachend im Judenthum geworden sind. Der Erste unter ihnen war R. Chijja, der vom Patriarchen selbst mit grosser Auszeichnung behandelt wurde. Dieser R. Chijja hat aber eigent­lich das Lebenswerk R. Judas zerstört, indem er gerade iene Halachoth, denen R. Juda die Auf­nahme in die Mischna verweigert hatte, in eine besondere Sammlung aufnahm und ( so wieder der jüdischen Lehre einverleibte. Die Kenntniss dieserapokryphen Halachoth (Boraithoth) hat wesentlich zu der nachher überwuchernden Dia­lektik des Talmuds beigetragen.-

Ein Schwestersohn R. Chijjas, der später zu grosser Berühmtheit gelangt ist, war R. Abba Areka, oder kurzweg Rab (der Meister) genannt. Er kam nach Palästina, wurde dort einer der her­vorragendsten Schüler R. Judas und erlangte später ein solches Ansehen in der Judenheit, dass er sich hin und wieder erlauben durfte, der Auto­rität der Mischna zu widersprechen. Bekanntlich hiessen die Lehrer der Mischna durchwegsTa- naim (Lehrer), während die spätem Lehrer (seit dem Abschluss der Mischna) nurAmora'im (Er­klärer) genannt wurden; nur von Rab hiess es noch, er sei ein Tanaite und dürfe sich erlauben, die Meinungen derTanai'm in der Mischna zu bekämpfen (r^Dl «in tun 3l).

Nach dem Abschluss der Mischna, noch bei Lebenszeit des Patriarchen R. Juda, entschloss sich Rab, in sein Vaterland zurückzukehren. Auf Verwendung seines Oheims R. Chijja erhielt er von dem Patriarchen die Autorisation, in Baby­lonien religiöse und richterliche Entscheidungen zu treffen. Als er in seine Heimath zurückkehrte, traf er dort seinen Altersgenossen Samuel, der