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gehandelt hat: es sollte sich zeigen, ob mit der Verbreitung des Christenthums, in der kosmopolitischen Färbung, die es durch den Apostel Paulus erhalten, der nationale Partikularismus des jüdischen Volkes aufzuhören hätte. Von der einen Seite wurde die Meinung bekämpft, dass ein Theil des Gesetzes werthlos geworden sei und durch den Glauben an Jesum ersetzt werden könne, und von der andern Seite handelte es sich um die Erhaltung des jüdischen Stammes in seiner nationalen Eigenart, damit nicht alle Söhne Israels zu der Annahme gelangten, dass, wer einen Theil des Gesetzes anerkenne und an Jesum glaube, von dem Samen Abrahams nach dem Geist wäre.
Von christlicher Seite mag man dies Verhalten der jüdischen Lehrer zwar nicht billigen — dies ist das gute Recht eines jeden gläubigen Christen. Aber in dem Festhalten an dem väterlichen Glauben von jüdischer Seite eine besondere Gehässigkeit gegen das Christenthum und dessen Bekenner zu erblicken, ist ungerecht und zeugt jedenfalls von einer bedenklichen Unkenntniss der geschichtlichen Entwickelung.
Die Agada wurde auch in den babylonischen Hochschulen gepflegt, freilich nicht zu deren Vortheil. Die Babylonier waren nicht für die Pflege einer solchen zarten Pflanze geschaffen; ihnen fehlten alle Vorbedingungen für die Entwickelung des poetischen Bestandtheils der mündlichen Lehre. Der Verstand war bei ihnen alles, das Gemüth nichts. Mit der heiligen Schrift beschäftigten sie sich sehr wenig, oft fehlte berühmten Gesetzeslehrern selbst die elementare Kenntniss der Bibel. Ein hervorragender Amoräer