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denen allein wir die allgemein verbreitete Kenntniss der heiligen Schrift unter den Juden verdanken. Es dürfte wohl als bekannt vorausgesetzt werden, dass die hebräische Sprache ursprünglich nur für Konsonanten Zeichen hatte, während die Vokale blos traditionell bekannt waren, d. h. man wusste, wie die Konsonanten zu lesen sind, ohne dass für die Vokale besondere Zeichen vorhanden gewesen wären. Das hebräische Wort hat einegrosse Flexionsfähigkeit, eine kleine Aenderung in der Aussprache giebt den Stamm eine andere Bedeutung. Ein und dasselbe Wort ohne Vokale kann verschiedenartig gelesen und verstanden werden. Natürlich musste dies zu vielen Missverständnissen führen, und bereits in jener Zeit, als das Hebräische noch Volkssprache war, empfand man diesen Missstand, weshalb man die Vokale (die sogenannte „Lesemütter“) zwischen die Konsonanten zu setzen begann (wogegen im Althebräischen diese „Lesemütter“ fehlen). Diese neue Orthographie wurde jedoch nicht in ausreichendem Masse vervollkommnet, und ausserdem gelang es ihr nicht, überall durchzudringen. Das biblische Schriftthum ist daher sehr ungleich - mässig in der Schreibweise; die vokalisirte (plena) Schreibweise wechselt bunt mit der unvokalisirten (defectiva)ab. Wie gesagt, ist die neue Orthographie an sich bei weitem nicht ausreichend.
Später, als die hebräische Sprache aufgehört hatte, Volkssprache zu sein, wurde deren Erlernung noch schwerer, insbesondere war man beim Lesen der Eigennamen sehr übel daran, da in diesem Fall das sonstige Auskunftsmittel, die Wortbedeutung aus dem Zusamihenhang zu er- rathen, versagen musste. In Palästina, wo die