Wickelung der babylonischen Judenheit günstig einzuwirken. Abergläubische Anschauungen und Gebräuche fanden da immer Eingang. Zuletzt war der halachische Stoff doch erschöpft und der Talmud ging seinem Abschluss entgegen. Gegen die älteren Autoritäten wagte man nicht zu dis- putiren, denn „waren die Alten den Engeln gleich, so sind wir blos Menschen, waren die Alten Menschen, so gleichen wir den Eseln“. Es war somit nur eine Frage der Zeit, das grosse talmudische Material zu sammeln und als besonderes Schriftthum zu normiren. Wie es ehemals mit der Sammlung der Mischna geschah, bereitete es sich jetzt mit der Gemara vor, als einem erweiternden Kommentar der Mischna.
Die Redaktion des Talmuds wurde von R. Aschi b. Simai (geb. 352, gest, 427) unternommen. Er war Schulvorsteher in Sura*) und sehr reich. „Seit dem Tode des Patriarchen R. Juda I. bis R, Aschi waren nicht so Kenntniss der Lehre und Reichthum in einer Person vereinigt“, hiess es später von ihm. Selbst der Exil- arch, das politische Oberhaupt der babylonischen Judenheit, zeigte sich dem Schulvorsteher unterwürfig, was sonst selten der Fall zu sein pflegte (die Exilarchen waren sehr mächtig und pochten auf ihre edle Abstammung, die sie mit Recht auf das königliche Haus David zurückführten). R.
*) Sura ist das obenerwähnte Mechasja wo R. Abba (oder Rab) die erste Hochschule neben der in Nahardea gegründet hat. Sie erfreute sich Jahrhunderte hindurch grossen Ansehens in der Judenheit und genoss manche Vorrechte gegenüber der Schwesteranstalt in Pumbeditha (die in Nahardea wurde in Folge der Zerstörung dieser Stadt durch Odenath im Jahre 259 vernichtet).