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Der Talmud : sein Wesen, seine Bedeutung und seine Geschichte / dargestellt von Dr. S. Bernfeld
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er vom Judenthum abgefallen war, seinen Schüler R. Meir [oben S. 19], Was bedeutet wohl der Bibelvers [Koheleth 7, 4]:Auch dieses hat Gott im Gegensatz zu dem andern geschaffen? R. Meir erwiderte: Zu allem, das Gott geschaffen, hat

er auch ein Gegenstück hervorgerufen, er schuf Berge und Hügel, er schuf Meere und Flüsse [die das Wasser des Meeres zum Theil wieder auf­nehmen]. Darauf meinte aber Acher: Dein Lehrer Akiba hat dies ganz anders erklärt: Gott schuf Fromme und Frevler, ebenso schuf er das Pa­radies und die Hölle. Jeglicher hat nun seinen Antheil im Paradies und in der Hölle; der Fromme, der sich verdient gemacht, erhält seinen eigenen Theil und den des Frevlers im Paradies, der Frevler, der sich schuldig gemacht hat, erhält seinen eigenen Theil und den des Frommen in der Hölle. R. Mescharschaja sagte hierauf: Welcher Bibelvers deutet darauf hin? Von den Frommen heisst es [Jesaia 61, 7]:Darum werden sie in ihrer Welt zweifach erben, von den Frevlern aber heisst es [Jeremia 17,18]:Zwei­fach wird ihre Zerschmetterung sein.

gewiss auch einen historischen Kern haben. Zumeist wird er als ein vom Judenthum Abgefallener geschildert, wes­halb er stets mit dem Namen Acher Apostat bezeichnet wird. Er soll seine strenggläubigen Glaubensgenossen der römischen Behörde denuncirt haben, was aber wohl auch Uebertreibung sein mag. Sein schroffster Gegner war der hochherzige R. Akiba [oben S. 10], der Märtyrer von Bethar. Hingegen war R. Meir, der Schüler Beider, mit seinem milden versöhnenden Wesen stets bemüht, die Gegensätze zu ver­mitteln und Elischa von besonders feindseligen Schritten zurück­zuhalten. Das Verhältniss R. Mei'rs zu Elischa missfiel wohl manchem extrem-nationalen Lehrer, aber an der edlen, uneigen­nützigen und liebenswürdigen Persönlichkeit dieses herrlichen Mannes prallte jede Gehässigkeit ab.