•der'Ehen unter Verwandten. Schon der Talmud hatte den biblisch verbotenen Ehen noch einige hinzugefügt; die Karaiten jedoch haben die Sache .auf die Spitze getrieben. Im Grossen und Ganzen haben sie sich jener Halachoth angenommen, die im Talmud keinen Anklang gefunden. Wir haben bereits gesehen, dass die von R. Judal zurückgewiesene Halachoth doch gesammelt wurden und den spätem Geschlechtern erhalten blieben. Diese Halachoth kamen jetzt bei den . Karaiten zur Geltung. Insbesondere wurde die Lehre der Schamaitischen Schule, die im Laufe der Zeit durch die der Hilleliten verdrängt worden war, die Richtschnur der karaitischen Religionsübung. Dass sie dem einfachen und wirklichen Wortsinn der heiligen Schrift in vielen Fällen näher gekommen ist, lässt sich gewiss nicht in Abrede stellen.
Der Karaismus war das Produkt einer religiösen Bewegung und fand deshalb bei den wirklich religiös gesinnten Juden Eingang. Es ist gewiss kein Zufall, dass die palästinensische Judenheit sich dieser Bewegung lebhaft angeschlossen hat. Der erste Siegeslauf des Karaismus glich dem der deutschen Reformationsbewegung im sechzehnten Jahrhundert, die erst nachher durch eine Gegenreformation zurückgedrängt wurde, nachdem die katholische Kirche eine theilweise Reform erfahren hatte.
In Palästina war der Boden für die neue Lehre besonders empfänglich. Dort lebte noch die alte Abneigung gegen die »unwissenden Babylonier“ ; ihr Banausenthum und ihre dialektischen Spielereien waren der palästinensischen Juden- heit von jeher nicht sehr sympathisch. Dazu