Druckschrift 
Der Talmud : sein Wesen, seine Bedeutung und seine Geschichte / dargestellt von Dr. S. Bernfeld
Entstehung
Seite
86
Einzelbild herunterladen

N amen rechtliche Entscheidungen getroffen wurden. Der Gaon der Hochschule von Pumbeditha unter­schrieb auch anstandslos, während Saadja sich weigerte, dieser Rechtsbeugung Vorschub zu leisten. Nachdem alle gütlichen Versuche, Saadja umzustimmen, erfolglos geblieben waren, schickte der Exilarch seinen Sohn ins Lehrhaus, um dem standhaften Gaon zu drohen und ihn sogar zu beschimpfen. Dort wurde er aber von den Schülern weidlich durchgeprügelt und zur Thür hinausgeworfen. Der Zwiespalt zwischen dem Exilarchen und dem Gaon war nun offenkundig geworden. Ersterer dekretirte die Absetzung Saadjas und setzte diese Massregel mit Hilfe der üblichen Bestechung bei der Behörde durch.

Die öffentliche Thätigkeit Saadjas hatte nur etwa zwei Jahre gedauert. In Folge seines Konflikts mit dem Exilarchen musste er sich sogar verborgen halten, unter welchen Umständen er sein epochemachendes religions-philosophisches Buch »Glauben und Lehren (arabisch verfasst, später hebräisch übersetzt) schrieb. Wohl wurde nach Jahren eine beide Theile gleich ehrende Aussöhnug zwischen dem Gaon und dem Exilarchen herbeigeführt, aber Saadja war durch die erlittene Verfolgung melancholisch geworden und starb bereits im Jahre 942, fünfzig Jahte alt. Ausser als Verfasser zahlreicher talmudischer Schriften hat er sich als Religionsphilosoph, Grammatiker, Exeget und religiöser Dichter hervorgethan. Seine Erklärungen zu der heiligen Schrift zeichnen sich auch durch grossen Freisinn aus; er scheute sich sogar an mancher Stelle nicht, die Tradition unberücksichtigt zu lassen.

Der Versuch, der babylonischen Judenheit, die