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alrika und in Palästina gelangte er nach Fostat in Egypten, wo er die ärztliche Praxis in hervorra- genderWeise ausübte. Gleichzeitig wurde er (selbstverständlich ohne Entgelt) Rabbiner und geistiger Führer der egvptischen Judenheit. Sein umfangreiches und wundervoll systematisch geordnetes Wissen auf jüdisch-theologischem Gebiete verschaffte ihm grosses Ansehen bei den jüdischen Gemeinden, und von weit und breit gelangten Anfragen an ihn, die er mit grosser Bereitwilligkeit und Bescheidenheit, kurz und präcis in seiner Weise, zu beantworten pflegte.
Nachdem er in jüngern Jahren die ganze Mischna arabisch kommentirt hatte, unternahm er das Riesenwerk, den ganzen halachischen Stoff, in dem Umfange, den er zu seiner Zeit angenommen hatte, zu kodificiren. Er schrieb dieses grosse Werk: „Mischne-Thora“ (die Wiederholung des Gesetzes) in vierzehn Büchern (i*\ daher fälschlich von jüdischen und christlichen Gelehrten „Jad-ha-chasaka“ genannt, was anfangs nur ein litterarischer Witz, eine Anspielung auf die Stelle im 5. Buch Mosis 33, 12 war). An diesem Religionskodex hat Maimonides nicht weniger als volle zehn Jahre (vollendet am 7. November 1180) gearbeitet, was angesichts der ungeheuren Leistung gewiss noch wenig ist. Wie bereits hervorgehoben, ist da Alles berücksichtigt und nichts vergessen worden, aber nicht mehr in dem üblichen Chaos zusammengehäuft, sondern bewunderungswürdig, man möchte fast sagen erschreckend systemisirt. Das Judenthum in ethischer, religiöser, politischer, socialpolitischer und civilrechtlicher Beziehung erscheint zum ersten mal als ein abgeschlossenes Ganze, in