praktisch ausgenutzt als auf Schönheit berechnet, und der Maurermeister Laurig aus der Stralauerstraße erwies sich auch in der Fassade nur als ein Handwerker nach der neuen Geschmacksschablone.
Meine Eltern bekamen den zweiten Stock des „herrschaftlichen" Vorderhauses, der Großvater bezog das Parterre und stellte dort als ein bescheidenes und doch wieder selbstbewußtes Monument seiner Bauherrlichkeit eine Vase aus der Königlichen Porzellanmanufaktur auf, deren flache Tulpenform auf der Vorderseite sein Haus mit gelben Fensterkreuzen und weißen Gardinen durch alle Stockwerke in sauberem Abbild zeigte.
Hier habe ich meine Kindheit und einen großen Teil meiner Jugendjahre in glücklicher Geborgenheit verlebt.
Meine ersten altberliner Eindrücke blieben auf ein ziemlich enges Feld beschränkt. Da war der tägliche Nachmittagsspaziergang vorüber an dem Hochparterrefenster des alten Uhrmachers mit dem holländischen Namen, den wir an der Ecke der Mohrenstraße immer mit der im geröteten Auge eingeklemmten Lupe sitzen sahen, quer über den Wilhelmsplatz, in dessen Mitte das schöne Fliederboskett blühte, durch die neuangelegte Voßstraße in den Tiergarten. Und bald folgte der tägliche Schulweg. Der führte die andere Seite der Straße hinunter, wo an der Kreuzung der Behrenstraße der immer vergnügt zwinkernde Dienstmann mit den rötlichen Bartkoteletten und dem blitzblanken Messingschild auf der siegellackroten Wachstuchmütze, ein Nachfahre des echten Nante von Glasbrenners Gnaden, sich die Zeit vertrieb, ging durch die Behrenstraße vorüber an den Mohren des Kloseschen Kaffeegeschäftes, kreuzte die Linden und endete in der Dorotheenstraße. Der Wochenmarkt auf dem Gendarmenplatz oder dem Dönhoffsplatz, wo die schönsten Blumenstände lockten, der Weg nach dem alten Dreifaltigkeitskirchhof, wo das Erbbegräbnis lag, der gelegentliche Besuch bei einem Schulkameraden, der in einem Hause der Schloßfreiheit mit der malerischen Rückfront nach der Wasserseite seltsam und ein bißchen unheimlich hauste, waren schon weitere Ausflüge.
4