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Häuser und Menschen im alten Berlin / von Hans Mackowsky
Entstehung
Seite
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einem so prunkliebenden Herrscher wie König Friedrich I. waren Oper und Musik doch keine ästhetischen Bedürfnisse. Er unterstützte beide nur aus dem Vergnügen an großartiger dekorativer Entfaltung, mehr in Nach­ahmung fremder Vorbilder, vor allen des französischen und des benachbarten sächsischen Hofes. So hielt er streng darauf, daß der kgl. Kunstpfeifer, der mit seinen fünfGesellen alltäglich zweimal vom Schloßturm herab zu blasen hatte,nicht allein zu jeder Zeit künstliche und zierliche gute Stücke, sondern auch insonders allemal einen Psalm aus dem Lobwasser" vortrug, wobei sich die Musiker zur Abwechslung auf verschiedenen Instrumenten hören ließen,damit man spühren könne, daß zwischen dem Abblasen so zu Hoffe und dem so in der Stadt geschieht, ein Unterschied sei". Des Königs sonderliche Freude aber waren seineBlechpfeifer", jenes Korps von Trom­petern und Paukern, die Tusch blasen mußten, wenn an der üppigen Tafel eine Gesundheit ausgebracht wurde.

Für die Oper sorgte ein stattliches Personal, dessen Verzeichnis nebst Gehaltsangabe aus den Jahren 1711 und 1712 noch erhalten ist. Die pomphaften theatralischen Vergnügen des Hofes, die vor allem im Mittel­punkt der Festlichkeiten bei Gelegenheit eines fürstlichen Beilagers standen, fanden im zweiten Stock über dem kgl. Reitstall in der Breiten Straße statt. Im Ballet wirkte die Hofgesellschaft oft in den prächtigsten, kost­barsten Kostümen mit. Neben deutschen Sängerinnen traten italienische Kastraten auf, die Dekorationen entwarf Eosander von Goethe, und der Geheimrat Johann von Besser dichtete den Text. Fand aber keine Oper statt, so bestellte Sophie Charlotte, die kunstliebende Königin, die Kammer- musici hinaus nach Charlottenburg zum Abendkonzert.

Natürlich war bei den großen Festlichkeiten der Hof unter sich. Das Berliner Publikum suchte in dem Hessigschen Hause, Poststraße 5, sein Schaubedürfnis zu stillen an Stücken, die meist aus Hamburg herüber­kamen. Dem Theaterteufel verfielen die lebhaften Berliner gleich bei dieser ersten Versuchung so unheilbar, daß weder Predigten von den Kanzeln,