mußte erst aus einer höfischen Repräsentation eine Volksangelegenheit, ein Volksbedürfnis werden, bis man zu einem eigenen Gebäude schritt. Den Anfang machte 1754 Soufflot in Lyon.
Wenn Knobelsdorff beim Berliner Opernhause den antiken Tempel mit seiner festgeschlossenen Kastenform und säulengetragener Vorhalle als Muster wählte, so mag man hierin die geistige Gemeinschaft des Architekten mit seinem königlichen Bauherrn erkennen. Die Idee des Apollotempels ist gewiß das Programm Friedrichs gewesen. Darin war ergänz der Sohn seiner Zeit und befangen in einer jener geistreich-sentimentalen Nebenabsichten, Gedanken anklingen zu lassen, die nur assoziativ mit der Bestimmung des Bauwerkes verbunden waren. Mit der Freude und der Strenge des überzeugten Klassizisten hat Knobelsdorff dieser Absicht seines Auftraggebers die bauliche Form geliehen. So gut es ging, suchte er das Innere mit dem Äußeren in Übereinstimmung zu setzen. Der Apollosaal erinnert an die Vorhalle, der Zuschauerraum, der, wie erwähnt, bis zur Höhe der Bühne emporgeschraubt werden konnte, an das langgestreckte Innere, die Bühne selbst an die Cella des antiken Tempels. Und diesen inneren Organismus ummauerte er mit festen, undurchbrochenen Hauswandungen, deren lange seitliche Fluchten nur die schmal vortretenden Mittelrisalite unterbrechen und rhythmisch gliedern. In der Säulenlaube der an der Straße gelegenen Stirnfront kommt dann der Tempelgedanke noch einmal zu stärkstem, einprägsamstem Ausdruck.
Darf man ihm vorwerfen, daß er noch weit entfernt war, die Gestaltung von innen heraus, von der besonderen Form des Zuschauerraumes und der Bühne ausgehend, zum Bauprinzip zu erheben? Dazu bedurfte es noch der Entwicklung eines vollen Jahrhunderts. Erst Gottfried Semper hat 1841 in seinem alten Dresdner Theater mit der Tradition gebrochen und den neuen Bautyp hingestellt, der heute noch für alle Theaterbaukunst die selbstverständliche Voraussetzung ist.
Für seine Zeit war Knobelsdorff ein kühner und selbständiger Neuerer. Der Aufrichtigkeit seines Charakters gemäß bekannte er sich als Künstler
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