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Häuser und Menschen im alten Berlin / von Hans Mackowsky
Entstehung
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mit reichen Fassaden und weitem Gartenhinterlande entstanden, begnügte er sich, im Zuge der Mauerstraße die Böhmische und die Dreifaltigkeits­kirche anzulegen. Beide nach demselben Schema gebaut, auf zentralem Grundriß mit lastendem Kuppeldach und bescheidener Laterne, sind vor­wiegend Nützlichkeitsbauten, die bis an die äußerste Grenze des Schmuck­losen getrieben sind.

Auch Friedrich der Große, so viel er vor allem durch Errichtung der beiden höchst malerischen Turmbauten auf dem alten Friedrichstädtischen Markt, dem heutigen Gendarmenmarkt, und durch die Verschönerung der umgrenzenden Straßen für den Stadtteil getan hat, zeigte sich für die Mauerstraße wenig interessiert. Während er in der Leipziger Straße von 1773-76 nach Ungers Zeichnungen 46 neue Häuser aufführen ließ, wurden in der Mauerstraße unweit der beiden Kirchen nur vier Neubauten auf königliche Kosten errichtet. Gerade diesen Teil der Straße zwischen den beiden Kirchen gibt uns die bekannte Rosenbergsche Radierung, woraus man schließen kann, daß dies das präsentabelste Stück gewesen ist. Gleich­wohl machen auch diese meist nur zwei Geschoß hohen Häuser, an deren Seitengiebeln hier und da das Fachwerk noch zu Tage tritt, mit ihren schlichten Fronten keinen sonderlichen architektonischen Eindruck.

Wie es nun aber in der Mauerstraße jenseits der Dreifaltigkeitskirche, zwischen Mohren- und Behrenstraße aussah, davon geben noch heute ver­einzelte alte Gebäude (Nr. 50, 51) eine melancholische Kunde. Über ihre niedrigen Ziegeldächer erhoben ab und zu die Bäume der Gärten, die sich zwischen Wilhelm- und Mauerstraße entlang zogen, ihre grünen Kronen und Spitzen. Aber allmählich wurden auch diese von drei Md vier Stock hohen schmalbrüstigen Gebäuden verdrängt, die Bäume wichen vor den Seitenflügeln und Huergebäuden zurück, und die Straße gewann ein ziem­lich mürrisches Aussehen. Nur ein Gebäude, palastartig vornehm mit drei­zehn großen Fenstern, stand in auffallendem Gegensatz zu dem bürgerlich bescheidenen Charakter, den die Straße sonst trug. Mit seinen schlichten

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