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Häuser und Menschen im alten Berlin / von Hans Mackowsky
Entstehung
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trug, Köllns Parochialkirche war und einen Propst an der Spitze der Geistlichkeit hatte. Im letzten Viertel des vierzehnten Jahrhunderts wich das alte, gewiß ärmliche Gotteshaus einem stattlichen gotischen Neubau in jenem handfesten Material und den einfachen groben Formen, wie sie St. Nikolai und St. Marien auf der Berliner Seite zeigten.

Die weißen Brüder haben der Straße ihre erste geistliche Physiognomie gegeben. Wo später Friedrich Nicolai seinen Buchladen hatte und die Gelehrten aus allen Teilen Deutschlands gastlich empfing, soll noch im fünfzehnten Jahrhundert das Konventshaus der Dominikaner gestanden haben, und bei den romantischen Enkeln des aufgeklärten Rationalisten fand die Haussage, auf mönchischem Grund und Boden zu sitzen, williges Gehör, wiewohl der alte Herr in seinen Hausakten keine Notiz davon genommen hatte. Auch was sich sonst noch hie und da, namentlich im Nicolaischen Hause, an massiv gemauerten Kellerräumen, tonnengewölbten Gängen, zugeschütteten Zisternen und verdeckten Abzugskanälen, die sich bis an die Spree verfolgen ließen, vorfand, gab der Phantasie willkommenen Anlaß, die alte Mönchszeit heraufzubeschwören, bis neuerdings die genaue bautechnische Untersuchung diesen romantischen Überbleibseln kein höheres Alter als die erste Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts zuerkannt hat. Der vordere, nach dem Schloßplatz sich erstreckende Teil der Straße, ist erst später angebaut worden und hieß, nachdem 1469 die Dominikaner­kirche zum Domstift erhoben worden war,Nach dem neuen Stift". Als dann unter Joachim II. die Reformation eingeführt wurde, wunderten die Dominikaner nach Brandenburg a. H. ab, und nur die Beghinen, die sich, wie meist in Deutschland, der Reformation anschlossen, bewohnten weiter ihren Konvent (Nr. 1 u. 2), bis er 1589 abbrannte. Auf der Brandstatt erhielt der Propst von Kölln sein neues Pfarrhaus.

Mit der Einführung der neuen Glaubenslehre bekam auch die Straße ein neues, verweltlichtes Aussehen, das man sich mit Häusern meist in schlichtem Fachwerkbau, deren Giebel nach der Straßenfront gerichtet

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