Umschau. „Ich führe nur an," schrieb er nach Rom an seinen Freund, den Architekten Moser, „daß ich bei der Betrachtung so vieler vortrefflichen Denkmäler der Architektur, aller Paläste und Hallen meine Zeit in Florenz sehr befriedigt verlebt habe." Beim Wiedersehen aber, als er 1824 mit einer ganz anderen Reife des Auges und des Verstehens Florenz durchmusterte, widmete er dem Altflorentiner Palastbau ein aufmerksames und eingehendes Studium. Nirgends als dort ist das Phänomen von seinem Aufstreben aus dem düsteren festungsartigen Geschlechterhaus bis zu dem ernsten Prachtbau einer gesicherten Familienmacht in allen Zwischengliedern zu beobachten. Einen der mächtigsten Eindrücke verdankte Schinkel dem Palazzo Pitti. Aber der Trotz dieser wie für die Ewigkeit geschichteten Rustika entsprach doch nicht seinem mehr sentimentalisch gerichteten Empfinden. Er fühlte, daß hier zu mildern sei, und so notierte er in sein Reisetagebuch ( 29 . Oktober 1824 ): „Beim Anblick der festungsartigen Architektur des Palastes kommt mir der Gedanke, daß eine eigentümliche zierlichere Architektur mit dem rustiken Gewölbebau in Verbindung zu bringen sein möchte, wenn man in den gewölbten Fenster- und Türräumen gerade, zierlich gegliederte Fenster- und Türkonstruktionen mit horizontaler Bedeckung einfugte und die übrig bleibende halbrunde Gewölbescheibe mit Skulptur ausfüllte."
Daran erinnerte er sich jetzt, als es galt, die Fassade für den Grafen Redern zu entwerfen. Der Hauptschmuck der Florentiner Paläste, die herrliche Rustika, blieb ihm unerreichbar. Er fügte sich nur den Bedingungen eines an festem Gestein armen Landes, den Verhältnissen eines auf Sparsamkeit von je bedachten Adels, wenn er das echte Material, statt es mit großen Kosten etwa aus den sächsischen Gebirgen herbeizuschaffen, durch Putz und tunlichst geschickte dunkle Tünchung ersetzte. Damit aber war ihm auch schon die großartige Wirkung der grobbehauenen Rustika mit ihrem scharfkantigen Fugenschnitt versagt. Er mußte den glatten Steinschnitt zum Vorbild nehmen, wie ihn L. B. Alberti am Palazzo Rucellai gleichmäßig
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