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Häuser und Menschen im alten Berlin / von Hans Mackowsky
Entstehung
Seite
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großes, ländliches Herrenanwesen. In einfachem Bewurf war die Fassade hergestellt ohne jeden Zierrat, nur die geschmackvolle, scharfkantige Um- rahmung der Fenster, zum Teil blind in die Mauer eingeschnitten, belebte die großen Putzflächen. Das an der Nordseite angebrachte Stiegenhaus mit dem doppelten Treppenanstieg empfing sein Licht von einem nochmals durch beide Stockwerke reichenden, im Halbrund geschlossenen Fenster, das durch Stabwerk gegliedert, das Motiv der großen Faffadenfenster in ein­fachster Gestaltung wiederholte. Die Wageneinfahrt befand sich am Pariser Platz unter dem letzten großen Bogenfenster der Gemäldegalerie.

Wer an die hallenumstandenen Höfe der italienischen Renaissancepaläste denkt, in denen sich der strenge Stolz der Fassade zu heiterer Pracht mildert, erfuhr hier eine Enttäuschung. Dieser wenn auch nur fingierte Quaderstolz des Redernschen Palais schien etwas anderes zu verheißen als das fast ländliche Behagen des Jnnenhofes. Immer hat Schinkel es verstanden, sich in den Geist seiner Bauherren hineinzudenken und ihren Wünschen den Ausdruck charaktervoller Notwendigkeit anzudichten. Die Neigungen des Grafen waren zwischen Stadt und Land geteilt. Er starb als einer der reichsten Großgrundbesitzer; allein in der Provinz Brandenburg waren schließ­lich mehr als 60000 Morgen Land sein eigen. In späteren Jahren teilte er seinen Aufenthalt zwischen Berlin und Schloß Lanke bei Biesenthal, das, am Rande ausgedehnter Forsten gelegen, für die schöne Jahreszeit sein Lieblingssitz wurde. Aber Winters in der Stadt war er ganz der große Standesherr. Dieser Doppelneigung hat Schinkel feinsinnig, als Meister der Form an keine Regel engherzig gebunden, in dem Berliner Palais Aus­druck zu geben gewußt.

Graf Redern war auf Schinkels Leistung stolz. Durch Zelters Ver­mittlung sandte er eine lithographierte Ansicht an Goethe, und Goethe ant­wortete am 21. März 1830,daß Du dem Herrn Grafen Redern für den Steindruck dankest und ihm versicherst, daß ich nichts mehr wünschte als das lebhafte Berlin vor so einem Werke vorüberwandeln zu sehn".