mit Rauch, Schinkel, Alexander von Humboldt zusammen gewesen. Einen Mittag war auch der bekannte Decker (Adalbert vom Thale) da, der zwar ein schlechter Dichter ist, außerdem aber manches anregte, was sein Interesse hat.
Nebenbei lerne ich die hohe Berliner Aristokratie kennen. Eine Curivsität derselben ist, daß sie jederzeit unter sich französisch zu sprechen anfangen. Zuerst dachte ich: Du Gott, wie soll das mit Dir werden, wenn es so fortgeht? aber nach fünf Minuten hört es immer wieder auf, und sie verfallen wieder ins ehrliche Deutsch. Mit Rauch hatte ich die beste und fröhlichste Begegnung. Schon daß er ein schöner Mensch ist, setzte mich in gute Stimmung; der prächtige ovale Kopf, von weißen bocken umblüht, die herrlichen blauen Augen, die proportionirte schlanke Gestalt! In seinem ganzen Behaben war die Tüchtigkeit und Sicherheit des Genies sichtbar, wir konnten trefflich zusammen schwatzen, und waren bald vertraut. Es traf sich auch gut, daß ich ihn fast überall fand, wo ich unter Menschen kam."
Graf Redern scheint sich besonders für Immermanns „Trauerspiel in Tirol" interessiert zu haben. Er erzählte Alexander von Humboldt davon, und gleich sprach der Gelehrte den Wunsch aus, dies Stück kennenzulernen. „Ich nahm", schreibt Jmmermann, „dies anfangs für ein Kompliment und wollte die Sache ablehnen, allein Redern sagte mir, daß es Humboldts Ernst sei, und daß er nach allem Neuen, wovon er etwas erwarte, das lebendigste Verlangen hege. Er äußerte sich nach der Vorlesung so, daß ich merkte, daß er gefolgt war." Wie sehr aber auch Humboldts „enorme Gelehrsamkeit, die Eleganz seiner Mitteilung, das Streben, sich über jedes, wovon er irgend eine Bereicherung für sich selbst hoffen durfte, au kait zu setzen" von Immermann bewundert und freudig empfunden wurde, so sah der Dichter doch auch die von andern ebenfalls beobachtete menschliche Schwäche des großen Geistes. „Leider ist er Mode und Höfling, diese Verhältnisse zwingen ihn in Verbindung mit seinem eigenen Naturell,
11 Mackowsky, Alt-Berlin
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