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Häuser und Menschen im alten Berlin / von Hans Mackowsky
Entstehung
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Schinkelschule. Vom Meister selbst, der doch in einigen Landhäusern für den Villenbau entscheidende Anregungen gegeben hat, finden sich für das Stadthaus keine vorbildlichen Leistungen.

Das hat natürlich auch einen rein äußerlichen Grund. Was bis 1806 an besserer bürgerlicher Architektur zustande gekommen war, war königlicher Immediatbau, das heißt ganz oder größtenteils mit königlicher Unterstützung, nach Plan und Zeichnung des Oberhofbauamts errichtet, weniger in Hin­sicht auf die Bequemlichkeit der künftigen Bewohner als auf dieEm- bellierung" der Stadt. Diese Unterstützung, die oft einer Gratifikation gleichkam, hörte nach den Kriegen auf. Die private Bautätigkeit sah sich auf sich selbst angewiesen. Erst ganz allmählich stellte sich mit dem wachsenden Wohlstände auch die Baulust ein, und die veränderten Be­dürfnisse verlangten nach einer anderen Befriedigung, als die alten, ganz auf die Fassade hin angelegten Bauten gewähren konnten.

So wenig auch Schinkel praktisch für die bürgerliche Baukunst tätig sein konnte, so sehr hat ihn doch, wofür der Beweis, wie für so Vieles, in den Mappen des Schinkelmuseums enthalten ist, das Problem des bürgerlichen Wohnhauses beschäftigt. Er hat es da angepackt, wo seine größte Schwierigkeit lag (und auch heute noch liegt). Als Kind seiner Zeit ging er freilich immer noch mehr von der Fassade als vom Grundriß aus. Von drei Seiten suchte er die Frage zu lösen. Er entwarf ein Wohnhaus, dessen Bauplatz durch sehr hohe nachbarliche Gebäude beengt ist und dessen Räume doch einen Hellen und freundlichen Eindruck machen sollen; ein zweites, das bei großer Tiefe des Bauplatzes nur eine schmale Straßenfront bietet, und ein drittes, das sich die Aufgabe stellt, die Bewohner für die Notwendigkeit des Stadtaufenthaltes mit der Annehmlichkeit des Landhauses zu ent­schädigen. Alle diese Lösungen, die die Schwierigkeiten aufsuchen und nicht umgehen, blieben auf dem Papier. Nur einmal hat Schinkel, übrigens von Unzuträglichkeiten des Bauplatzes ziemlich unbeengt, auch praktisch Hand anlegen können. Und schon dies eine, daß in dem Feilnerhause

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