Druckschrift 
Häuser und Menschen im alten Berlin / von Hans Mackowsky
Entstehung
Seite
177
Einzelbild herunterladen

das einzige Beispiel eines bürgerlichen Wohnhauses von Schinkel selbst sich erhalten hat, würde dies abgelegene und dem Gesichtskreis entrückte Haus zu einer höchst beachtenswerten Merkwürdigkeit stempeln. Nun aber kommt hinzu, daß hinter seinen Mauern sich ein Stück Berliner Geschichte ab­gespielt hat, in dem Namen wie Mendelssohn und Jenny Lind, von anderen zu schweigen, weit über die Begrenztheit vormärzlicher Berliner Lokalhistorie hinwegklingen. Wir wüßten nicht viel davon, wenn nicht ein Kind dieses Hauses, auch ein Musiker, durch Krankheit zu einem halb untätigen Leben im Süden gezwungen, in hohem Alter und in fremder Stadt, also gleich­sam aus doppelter Ferne zu einer noch unbeschwerten Jugend zurückschauend, zunächst nur für den Kreis der alten Freunde von dem Aussehen und den Bewohnern dieses Hauses geplaudert hätte.

Im Jahre 1793 kam aus seiner Heimat Weiden in der Oberpfalz ein junger, etwa zwanzigjähriger Handwerksbursche, sein Glück in Berlin zu versuchen. Es war Tobias Christoph Feilner, der Sohn armer Eltern, der aber in seinem Ranzen einen wundertätigen Zehrpfennig mit sich führte: die Liebe zur Arbeit. Sein Sinn war auf Höheres gerichtet als aufdas Maurer­handwerk, das er seinen Vater mühselig hatte betreiben gesehen. Zuerst in Nürnberg bei einem Hafner in der Lehre, trat er nun als Geselle in die Höhlersche Töpferwerkstatt, Ecke Hasenhegergasse und Alte Jakobstraße, ein. Bald wurde er die Seele des bisher bescheidenen Unternehmens. Bereits nach drei Jahren beschäftigte die Werkstatt sieben Arbeiter, denen Feilner als Werkmeister Vorstand. Aber in dem einfachen Manne steckte etwas vom Künstler und seinem Ehrgeiz; es duldete ihn nicht bei dem Handwerk allein. Zunächst vervollkommnete er sein physikalisches Wissen in Vorlesungen, die er bei Hermbstädt und dem Oberbergrat Karsten hörte. Wie er sie nutzte, zeigte er schon 1804 mit seiner Anwendung der enkaustischen Malerei, d. h. der Einbrennkunst. Schon in den römischen Künstlerkreisen um Goethe war man auf diese Technik aufmerksam geworden, angeregt durch die

12 Mackowsky, Alt-Berlin

177