Es streift die zusammengeschobenen Kähne, an deren Holzwänden die träge Flut schwappend spült und die willenlosen Fahrzeuge bald in Gruppen zu- fammendrängt, bald wieder aus der Richtung treibt. Mit scheuem Tritt tastet sich ein schwacher Widerschein die scharf im Winkel umbrechende Kaiböschung entlang, und während tiefes Dunkel auf den Häuserreihen rechts und links lastet, hellt der Mond die Verworrenheit des Hintergrundes mit magischem Schimmer auf. Hier und da blinkt ein erleuchtetes Fenster in rötlichgelbem Schein: noch sind die tausend Augen des Tages nicht alle geschlossen. Noch ist es nicht Nacht, nur später Abend und die Bewegung des Tages nicht in allen Teilen abgestellt. Ein Veratmen des Lebens vor dem Einbruch formlosen Dunkels.
Schwarz und gespenstig ragen die kahlen Maste der Kähne auf. Die vorderen durchschneiden die ganze Bildfläche und weisen der Raumempfindung den Weg in die steile Höhe. Dieser Blickrichtung arbeitet das Licht entgegen, das, nach der Tiefe des Bildes sich aufhellend, dem Gefühl einen Ausweg in die traumhafte Weite eröffnet. So gleicht der Rhythmus der Komposition dem Ein- und Ausatmen mit seinem regelmäßigen Wechselspiel.
Die farbige Wirkung beruht auf dem sonoren Kontrast zweier Töne, braun und blau. Das Braun versinkt, wo es das Dunkel darstellt, zu einer sammetartigen Tiefe und steigt in der höchsten Helligkeit, wie vorn auf den Kähnen, bis zu einer beizigen Schärfe. Das Blau schimmert durch alle Nuancen eines kühlen Silbertons. Der Farbenauftrag ist dick mit breitem Pinsel hingesetzt; im Vordergründe, wo der Blick nicht aufgehalten werden soll, ist die Farbe mit temperamentvollen Strichen zusammengefegt. Das Impressionistische der Technik rückt das Gemälde Jahrzehnte über seine Entstehungszeit hinaus.
Unbezeichnet und undatiert, läßt sich die Arbeit doch mit ziemlicher Sicherheit chronologisch festlegen. Sie fällt in das Jahrzehnt der Friedrichs-Bilder Menzels und dürfte eher der zweiten als der ersten Hälfte der 1850er Jahre angehören. Im Mittelpunkt und auf der Höhe steht in diesem Jahrzehnt
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