Heft 
(1956) 12
Seite
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Eine kleine Arbeitsgemeinschaft junger Heimatfreunde hat an den im Museum befindlichen alten Formen der Leb- und Pfefferkuchenbäckerei Gefallen gefunden. Sie faßte den Plan, diese z. T. uralten Formen, die die reizvollsten Motive in sauberer, feingeschnitzter Arbeit aufweisen, wieder zum Leben zu erwecken. Nach ebenfalls ganz alten Rezepten haben sie auf mancherlei Art den Teig bereitet, und die Formen im Verein mit der milden Backhitze haben daraus nun all die appetitlichen Honigkuchen und die anderen Weihnachtsleckereien erstehen lassen, die schon Großvater und Großmutter erfreuten, als sie noch Kinder waren. Da sehen wir die prächtige Brautkutsche, da stellt sich die Eva im Paradies vor, wirklich zum Anbeißen schön, da ist das Pärchen in der Rosenlaube, der kühne Reitersmann, der Landsknecht mit den weiten Pluderhosen und vieles, vieles andere mehr, das von der Wahrheit des alten Spruches zeugt:

Wenn sich Mund und Magen laben, will das Auge auch was haben.

Daneben haben unsere jungen Museumshelfer noch manches andere hin­gezaubert, das in dieser Sonderschau die Besucher erfreuen soll. Bunte Weihnachtspyramiden, mit sinnvollen und neckischen Figuren behängen, stehen da, originelle Puppen aus Urgroßmutters Zeiten werden Freude und Schmunzeln wecken, und alles, was ein Kinderherz vergangener Zei­ten zur Weihnachtszeit glücklich machte, ist zu sehen. So kommt der Weihnachtsmann auch zu uns in das traute Heimatmuseum, und die Museumsleitung wäre glücklich, wenn recht viele Besucher in diesen Fest­wochen kämen, um sich hier mit rechter Freude bescheren zu lassen.

Die andere Sonderschau, die im oberen Stockwerk schon seit einiger Zeit steht, ist dem Licht geweiht. Licht in das Dunkel zu bringen, ist das uralte Streben und Sehnen der Menschheit. Das Wintersonnenwendfeuer einst und der Kerzenglanz am Weihnachtsbaum heute, beide in den dunkelsten Nächten des Jahres angezündet, sind das Symbol dafür. Alles Streben aber führt zum Fortschritt, und so hat diese Sonderschau das Motto:Vom Kienspan zum Neonlicht!

Es führt die Gedanken um Jahrtausende zurück, wenn wir sinnend vor dem primitiven Halter stehen, in dem einst der lange Kienspan steckte, ^blakend und wenig leuchtend. Es zeugt von der Menschen unstillbarem Sehnen, das oft nicht ahnt, wie bald es erfüllt und schier unfaßbar über­troffen wird, wenn man vor dem Wachsstock mit der Putzschere steht und an Goethes Wunsch und Worte denkt:

Wüßte nicht, was sie Besseres erfinden könnten, als wenn die Lichte ohne Putzen brennten!

Und es macht einen nachdenklich und ein wenig betrübt, wenn man an die Fülle des Lichtes denkt, die heute den Neonröhren entstrahlt, die Fülle des Lichtes, die aus menschlichem Geist und menschlichem technischen Können

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