Heft 
(1956) 12
Seite
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MAX WITTE, KYRITZ

Die Verkündung der Bodenreform durch Wilhelm Pieck in Kyritz

Im Jahre 1945, und auch in den folgenden Jahren, war es vielen Menschen nicht immer klar, welchen entscheidenden Einfluß die in den historischen Septembertagen 1945 eingeleitete Bodenreform in der damaligen sowje­tischen Besatzungszone Deutschlands sowohl auf die Gegenwart als auch auf die Zukunft haben würde.

Die Aufteilung des Junkerbodens entspricht den Grundprinzipien des Marxismus-Leninismus. Die Rettungslosigkeit der ökonomischen Lage der kleinen Bauern wird durch die Bodenreform beseitigt. Die allgemeine Lage im Sommer 1945 war bei der Einleitung der Bodenreform kata­strophal. Das Volk war durch die nahezu sechs Jahre dauernde hitlerische Kriegsführung ausgehungert. Der uralte Traum Hunderttausender von Landarbeitern und Kleinbauern von der Aufteilung des Großgrundbesitzes und der WunschFreier Bauer auf eigener Scholle wurde wieder lebendig. Eine Demokratie, die diesem elementaren Drang der landarmen Bauern und Landarbeiter nach Boden nicht stattgegeben hätte, hätte niemals den Elan in den Massen geweckt, der notwendig war, um erstens das Junker­tum zu liquidieren und zweitens die zerrüttete Ernährungslage wieder herzustellen. Der Kreis Kyritz ist ein Gebiet, in dem die landwirtschaft­liche Produktion überwiegt. Nur wenige industrielle Betriebe haben in den Kleinstädten ihren Standort, so zum Beispiel die Stärkefabrik in Kyritz, die eben nur auf Grund der alles überragenden landwirtschaftlichen Pro­duktion in nächster Nähe ihre weit über die Grenzen der Deutschen Demo­kratischen Republik hinaus bekannten Erzeugnisse herstellen kann. So wurde Kyritz von der damaligen Provinzialverwaltung Brandenburgs dazu ausersehen, als Ausgangspunkt der Verkündung der Bodenreform zu dienen. In Kyritz selbst gab es vier Betriebe, deren Nutzungsfläche jeweils über 100 ha groß war, und zwar waren es Heinrichsfelde, Rüdow, Stolpe und das Stadtgut. Das Gut Heinrichsfelde gehörte Schulte, in Stolpe wirt­schaftete Hauschild, Rüdow unterstand Henning, und das Stadtgut wurde mit Bräsickes Wirtschaft bezeichnet. In der weiteren Umgebung lagen die Güter des Junkers von Randor in Zaatzke, des von Königsmark in Kötzlin, des von Weule in Holzhausen, des zu Putlitz in Laaske u. a. m.

Während der Sommermonate 1945 wurden von der Kommunistischen Partei Deutschlands in den umliegenden Dörfern Versammlungen ab-

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