Heft 
(1915) 4/5
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bezeichnet. Ihre Oberfläche ist fast immer mit tiefen Furchen, den Gletscher­schrammen, versehen. Ausgezeichnete Beispiele hierfür bietet die Insel Born- Kolm und Schweden. Alle diese Gebilde, die ich im Vorhergehenden erwähnt habe, sind so bezeichnend für die Wirkung eines Gletschers, daß man unbedingt dort, wo sie sich finden, auf das frühere Vorhandensein eines Eisstromes schließen kann oder vielmehr muß, selbst wenn sonst nichts mehr daran erinnert.

Während den warmen Jahreszeiten schmilzt natürlich eine ziemlich große Menge des Gletschereises. Das Schmelzwasser, welches über die Gletscher­oberfläche herabrinnt, sammelt sich in kleinen Rinnsalen, die sich ihrerseits zu großen Bächen vereinigen. Diese schießen in ihrem selbstgegrabenen Bette ab­wärts bis sie von einer Gletscherspalte ausgenommen werden. Die Gletscher sind nämlich auf ihrer Oberfläche häufig von Spalten durchsetzt, die durch die Unebenheiten in ihrem Bette verursacht werden, z. B. wenn sich dem Eise ein Hügel entgegenstellt und so der Gletscher gezwungen wird, erst bergauf und dann nach Uebersteigung des Hindernisses bergab zu gehen. An solchen Stellen bilden sich dann Sprünge im Eise, die quer zur Längsaxe des Eisstromes ver­laufen. Schließlich vereinigen sich alle oberflächlichen Rinnsale des Schmelz­wassers unter dem Gletscher zu dem Gletscherbache, der an der Zunge des Gletschers durch die Oeffnung des Gletschertores zu Tage tritt. Diese Gletscher­bäche führen immer eine Menge Geröll mit sich, wie sich das ja wohl denken läßt, wenn ein so schnell bewegtes Gewässer über einen so mit Steinen ange­reicherten Boden fließt, wie ihn die Grundmoräne darstellt. Im Laufe der vielen Jahre sammeln sich diese Geröllmassen in dem unterirdischen Gletscher­bachbette mächtig an. Beim Verschwinden des Gletschers bleiben sie dann als sich lang durch das Gelände hinziehende Wallrücken oder Aesar zurück. Die Schmelzwässer spielen besonders beim Zurückgehen des Eises eine große Rolle bei der Aufarbeitung der frei werdenden Grundmoräne.

Je nach dem Vorkommen von Oberflächenmoräne und nach der geogra­phischen Lage lassen sich drei Formen der Gletscher unterscheiden:

1. Die alpinen oder Teilgletscher. Diese sind auf die Hochgebirge der heißen und gemäßigten Zone beschränkt. Sie bilden sich dadurch, daß haupt­sächlich durch sogenannte Staublavinen der Schnee in den hochgelegenen Talkesseln gewissermaßen zusammengefegt und geschüttelt wird und dort Firnmulden bildet, aus denen dann die Gletscher entspringen. Diese Gletscher haben alle oben erwähnten Moränen; alle Arten der Oberflächen­moränen und natürlich auch der Grundmoränen. Sie müssen sich ja von obenan durch die Schluchten und Täler hindurchzwängen.

2. Die norwegischen oder Plateaugletscher. Diese lagern den norwegischen plateauähnlichen Gebirgen in weithin zusammenhängenden Decken auf. Sie tragen nur auf der kurzen Strecke, wo sie sich vom Plateau ins Tal stürzen, eine Oberflächenmoräne. Da sie die oberste Decke des Gebirges bilden, können ja keine Steine auf sie stürzen.

3. Das Inlandeis. Diese Form der Gletscher zeichnet sich hierdurch aus, daß sie ganze Länder bedeckt und nur am Rande einige hervorragende Zähne oder Kuppen zeigt, die sogenannten Nunataker. Dem Inlandeis fehlt natürlich jede Oberflächenmoräne, denn da es alles Land mit seinen Niesenmassen bedeckt, kann es auch von oben keine Gesteine aufnehmen. Dafür zeigt es häufig die Erscheinung der Jnnenmoräne, das sind Ge­steinsansammlungen im Innern des Gletschers, die natürlich von den Fels­partien herstammen, die sich dem fließendem Eise im Innern entgegenstellten. Ein typisches Beispiel für einen solchen Gletscher bietet das heutige Grönland, das ja bekanntlich ganz unter Eis begraben ist.

Nachdem wir nun das Wesen des Inlandeises kennen gelernt haben, wollen wir uns wieder der Jnlandeistheorie Torrels zuwenden. Diese Theorie sagt, daß nie solches Inlandeis einst unser Vaterland bedeckte. Es soll, von den Hoch-