Heft 
(1915) 4/5
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von Aon, scharfem Sande und größeren oder kleineren Geröllen der verschieden^ artigsten Gesteine. An den größeren Gesteinsstücken kann man sehr oft Kritzen und Schrammen beobachten, die natürlich auch durch die Tätigkeit des Eises hervorgerufen worden sind, also auch eigentlich Gletscherschrammen vorstellen. Dieser Lehm gleicht dort, wo er noch nicht durch die Tätigkeit der Menschen auf­gewühlt worden ist, so sehr der Grundmoräneusubstanz der jetzigen Alpengletscher, daß er kaum von ihm unterschieden werden kann. Man kann ihn in diesem unberührten Zustande in jeder Lehmgrube kennen lernen.

Außer dieser sehr charakteristischen Grundmoräne gibt es bei uns noch eine Bodenbildung, die auffallend genug ist. Das sind große aus gröberem oder feinerem Sande bestehende Flächen, die manchmal auch mit Gesteinsbrocken förmlich übersät sind. Beim Zurückgeheu des Gletschers, d. h. zu Ende der Eis­zeit, haben die großen Mengen der Schmelzwässer, die sich bildeten, die Grund­moränen teilweise aufgearbeitet. Die feinen tonigen Bestandteile derselben wurden von den abfließenden Gewässern zu Tal geführt und wurden dort in ruhigen Wasserbetten und ruhig fließenden Strömen zu großen Tonlagern abgesetzt. Solche Tonlager finden sich z. B. bei Rathenow, Pritzwalk und Gransee. Sie geben oft Anlaß zur Gründung großer Ziegeleibetriebe. Die gröberen Bestand­teile, d. h. der Sand und die Gerölle, blieben dagegen mehr oder minder an Ort und Stelle liegen und bilden häufig mächtige Kies- und Sandablagerungen, die sich manchmal auch zu beträchtlichen Hügeln anhäufen. Diese Sandablage­rungen machen natürlich dem Landwirte weniger Freude, als die sehr fruchtbaren Grundmoränen selbst. Diese Sandablagerungen erkennt man leicht an ihrer eigen­tümlichen Schichtung. Diese besteht nicht, wie sonst immer aus parallel laufen­den Streifen, sondern wechselt fortwährend in ihrer Richtung ab, sodaß die ein­zelnen Schichten häufig in mehr oder minder spitzen Winkeln aufeinanderstoßen. Es ist das das sicherste Zeichen, daß sie von fließendem Wasser ab- und umge­lagert sind, das fortwährend seine Richtung änderte. Man kann diese Erschei­nung in jeder Kies- oder Sandgrube beobachten. Besonders lehrreich ist in dieser Beziehung die Sandgrube bei Glöwen, die zu besichtigen ich jedem raten möchte, der sich dafür interessiert. Diese Gebilde, die ich bisher beschrieben habe, sind nicht alle Ablagerungen, die die Eiszeit uns hinterlassen hat. Es gibt noch eine große Anzahl anderer, auf die ich hier jedoch nicht eingehen kann, da das zu weit führen würde. Wer sich darüber unterrichten möchte, dem empfehle ich das Werk von F. Wahnschaffe:Die Ursachen der Oberflächengestaltung des norddeutschen Flachlandes". Erwähnen möchte ich hier nur noch eine auffallende Bildung, die ganz in unserer Nähe liegt. Wenn man von Perleberg nach Pritz­walk fährt, durchkreuzt man in der Nähe des Dorfes Rosendorf einen Höhenzug, der sich lang durch das sonst ziemlich flache Gelände hinzieht. Er besteht meisten­teils aus groben Sanden, Kiesen und dicht aufeinander gelagerten kleineren sehr stark abgerollten Steinen. Wir haben hier jedenfalls einen sogenannten Wall­rücken (Aesar) vor uns, also die Ablagerungen eines ehemaligen unterirdischen Gletscherstromes. Betonen möchte ich hier noch einmal, daß alle diese Ablage­rungen von Steinen, Geröllen, Kiesen, Sanden, Lehm usw., die bei uns in Norddeutschland in einer so großen Mächtigkeit lagern, zum weitaus größten Teil nicht aus Deutschland stammen und keine Meeresablagerungen sind, sondern von einem großen Gletscher, der aus Schweden und Norwegen kam, von dort hierher zu uns verschleppt worden sind. Natürlich bezieht sich das nur auf die oberen Schichten, von denen ich gesprochen habe. Weiter unten haben auch wir mächtige Meeresablagerungen. Ferner möchte ich darauf aufmerksam machen, daß unsere Diluvialablagerungen mal ausnahmsweise größere Ablagerungen auf dem Festlande sind. Ich hatte ja am Anfänge meines Vortrages gesagt, daß auf dem Festlande meistens abgetragen wird.

Wodurch nun eigentlich die Eiszeit hervorgerufen ist, kann man zur Zeit noch nicht bestimmt sagen. Es sind zahlreiche Theorien darüber aufgestellt worden; aber keine derselben genügt, um alle Erscheinungen der Eiszeit zu er-