Heft 
(1916) 1/2
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Stück weiter hinten auch arbeitete. Mein Be­gleiter richtete die Drahtnetze auf und ich warf sie (3 m sind sie wenigstens lang), auf dem Rücken liegend im Bogen nach vorn.

Dann lagen wir lange Zeit still, einige Ku­geln und Querschläger pfiffen um unsere Köpfe.

Eine 24 m Walze wurde auf gleiche Weise nach vorn gebracht, so daß das alte Drahthindernis durchschnitten und einige Meter Weiler vorn auf- gebaut wurde. Das Granatloch richtete ich als Postenloch notdürftig ein und nun kam für mich das Schwerste: unter dem neuen Drahthinder­nis hindurch und sehen, ob der Franz.-Graben und ein Blockhaus vom Feinde besetzt sei. Mein Begleiter blieb zurück, und ich schlich weiter nach

vorn, den Revolver in der Jackentasche. Endlos lange währte es, bis ich am Graben war. Vorsichtig spähte ich hinüber, nahm aber gleich wieder volle Deckung. Der Schritt eines Postens erklang. Später sah ich, daß der Graben

direkt auf unsere Sappe führte und sauber aufgeräumt war. Eine Sandsack-Barrikade war unbesetzt. Jetzt ging's aufs Blockhaus zu. Unsere Erdmörser hatten vorgearbeitet und eine lange Schußrinne bis zum Blockhaus gesprengt. Die kroch ich entlang. Jeden Augenblick dachte ich ein Gewehr am Kopfe zu fühlen und nicht mehr zu sein. Endlich war ich am Blockhaus und spähte hinein. Es war leer. Eine Kiste Weißbrot stand da. Ich nahm eins mit. Stellte fest, daß in einem etwa 10 m weiter befindlichen Graben von höchstens 1012 Mann gearbeitet wurde und daß dort ein Patrouillenposten ging. Aus eini­gen anderen Posten konnte ich sckiließen, daß die Franz.-Stellung halbkreisförmig den Hügelrücken und unseren Horchposten umgab. Ich ging mit meinem Brote zurück und am Drahtzaum erwartete mich mein Begleiter, der mir auch schon den Befehl zum Zurück­gehen brachte. 2 Stunden war es in sehr gefähr­licher Nähe der Franzmänner. In unserem Graben allerdings machte sich bei uns beiden die Anstrengung geltend. Das Vertrauen der Leute, weil ich mir die gefährlichere Aufgabe nahm, habe ich errungen. Leider hatte ich die Enttäuschung, daß 2, die ich für tapfer hielt, die Teilnahme verweigerten. Es wäre Selbstmord, sagten die alten Leute und Gruppenführer. Es ist wirklich nicht schön, nur mit Revolver bewaffnet, vielen gutbewaffneten Feinden gegenüberzustehen, aber auf Glück und seine Fähigkeit sich zu verstecken, muß man sich verlassen. Und es war nötig zu gehen für unser aller Sicherheit. Meine Sachen hatte ich alle geordnet und war auf alles gefaßt.

Schon 2mal bin ich dem Tode hier knapp ent­gangen, einmal fehlte ein Zentimeter, so hätte die Kugel durch den Schlitz der Schießscharte mein Auge gehabt. So schlug nur der Hebel mtrs Glas aus der Hand. Heute ist große Be- schießung. Schicke Dir noch ein Paar Zeichnun­gen, auf denen Du die Schönheit unseres Kriegs­schauplatzes erkennen kannst.

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