Heft 
(1916) 1/2
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hat eine harte, kraftvolle Menschheit sich selbst ein Denkmal gesetzt, das zeit­trotzend Jahrtausende überstand. Und nun Abschied genommen von einem Leben, das war. Hinaus! Draußen flutet Sonnenschein durch den Kreuzgang und das Leben der Gegenwart.

Zwischen dem Kreuzgang und mit Epheu bewachsener Steinwand führen die engen Stufen derNonnentreppe" vom Klosterhof aufwärts wieder in das Dunkel vorgeschichtlicher Zeit zu einer Kulturepoche, in der die ersten Metalle auftreten: Kupfer, wenig Gold, aber vorwiegend eine Metallmischung aus Kupfer und Zinn oder Zink, die Bronze, die diesem ganzen Zeitabschnitt den Namen gegeben hat. Die Bronzezeit schließt sich der Steinzeit an und umfaßt 1500 Jahre (2000600 v. Chr.). Jahrtausende hatte der Prignitzer Boden das ihm an­vertraute Vermächtnis germanischen Lebens treulich gehegt und vor Unberufenen verborgen gehalten, bis in Paul Quente der rechte Schatzgräber kam, der aus­gerüstet mit der wunderwirkenden Wünschelrute genialen Verständnisses und unbeirrbarer Tatkraft in kurzer Zeit den reichen Schatz heben durfte. In zwei Räumen barg er seine Funde aus der Bronzezeit, die zumeist den Urnen­friedhöfen*) Blandikow-Liebenthal, Wilmersdorf und Dahlhausen (Spiräenbergi angehören. Das Blandikower Gräberfeld wies noch eine besondere Eigentüm­lichkeit auf: Zwei Gräber in der Art der falschen Gewölbe neben dem Seddiner Königsgrab bis jetzt die einzigen in dieser Form der Prignitz erhaltenen. Eins derselben wurde mit den echten Steinen in seiner ursprünglichen Form und Größe im Museum hinter Glas aufgebaut, dicht neben ihm ein Kindergrab, von rundem Steinkranz umgeben, ebenso wie es gefunden worden war. Beide sind für die meisten Besucher von besonderer Anziehung. Phantasie und Wirklich­keit Vereinen sich hier zu einer fest haftenden Vorstellung der damaligen Be­stattungsweise. Der Tote wurde angekleidet, auf dem Scheiterhaufen verbrannt, dann die Knochenreste in der Urne gesammelt. Mitunter wurden noch Schmuck­stücke, wie Fingerringe, Armringe, auch Perlen hinzugefügt. Viele der Urnen von Blandikow und Liebenthal haben ebenso wie die tellerartigen Deckel an zwei Seiten Oesen, so daß durch Verbinden derselben ein fester Verschluß erzielt wurde, der einer Verunreinigung durch Sand und Steine wehren sollte. Noch eine bemerkenswerte Tatsache hat seinerzeit Herr Quente bei diesem Gräber­funde festgestellt, nämlich daß die Töpferei in den Händen der Frauen lag, wo­rauf er aus den Fingereindrücken an den Gefäßen schloß. Hervorzuheben sind noch ein Steinschmuck aus runden, in der Mitte durchbohrten Steinen, der als Mittelstück einen Halbmond aus Stein hat, ferner eine Gußform aus Sandstein, die uns den Kastenguß, eine Art des damaligen Gießens**) verdeutlicht, sowie die Vorführung der Kahnfibel in ihrer Entwicklung von der einfachen Knochen­nadel an bis zu der höchst vollendeten Fibel aus einem Stück. Der zweite Raum weist Bronzen von hervorragender Schönheit auf, Armspangen mit schöner Gravierung, prachtvolle Torques, Lanzenspitzen und zwei einzigartige Bronze­gesäße aus Wutike, die trotz der fehlenden Stücke die ursprüngliche Schönheit der Form und Verzierung erkennen lassen. Hier hat auch das alte Gemanen- schwert vom Rhone-Typus, das Paul Orientes Hand in Begeisterung umschloß und schwang, seinen Platz erhalten. Im großen Mittelschrank sind zwei Haus­urnen besonders zu erwähnen, eine Nachbildung der Luggendorfer und eine mit eingeritzter Tür aus Kl.-Gottschow stammend. Beide stellen Rundhütten dar, wie sie noch um 170 n. Chr. von Germanen bewohnt wurden.

Vorstehendes mag zur Probe dienen von der Reichhaltigkeit des Heiligen- graber Heimatmuseums. Gelegentlich werden noch andere Räume beschrieben werden; für heute mangelt der Platz Erwähnt sei nur noch, daß ein vierter Raum die Ausgrabungen auf dem Hügelgräberfeld von Seddin, und die der

*) Veröffentlicht durch P. Quente in der Prähistorischen Zeitschrift, Heft IV 1912, als Sonderabdrnck in Nr. 1 der Mitteilungen 1918.

**) s. Vorbemerkungen zum Verständnis der Prignitzer Funde ans vorgeschichtlicher Zeit 1. Heft 1913.