Heft 
(1922) 1
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Siedlungsgebiet der Germanen, das um jene Zeit westlich etwa bis zur Weser, nördlich bis zum Harz, Linie MagdeburgBerlin, Odermündung reicht, sodaß unsere Prignitz in jener Zeit als rein germanisches Gebiet erscheint, wie ja auch unsere Bronzefunde beweisen.

Auch diese Musikinstrumente sind ein Triumpf der Technik jener weit zurückliegenden Zeit. In der Vollendung, in der sie uns überliefert sind, können sie mit den heutigen Mitteln nicht hergestellt werden. Die Wand ist papierdünn gegossen. Die chemische Analyse der einzelnen Gußteile hat mit völliger Sicherheit ergeben, daß die Hersteller über die verschiedene Höhe des Schmelz­punktes der einzelnen Metallmischungen vollständig im Klaren waren und diese Kenntnis dafür benutzten, daß sie die einzelnen Teile nicht etwa zusammen­nieteten, sondern in einer an das moderne Schmelzverfahren erinnernden Weise zusammenschmolzen. Die zusammengefundeneu Musikinstrumente sind auch im Tou aufeinander abgestimmt. Auch das wirft ein Schlaglicht auf die geistige Höhe unserer Vorfahren. Die Abstimmung läßt sich nicht wie bei Saiten­instrumenten nachher vornehmen, sondern sie ist das Ergebnis einer vorherigen Rechnung. Ihr Ton ist von einem Reichtum und einer Klangfülle, die unser Wald­horn weit übertrifft. Bemerkenswert ist, daß sie siebeutönig sind, während die griechischen Instrumente nur fünftöuig waren.

Die Besiedlung der Ostprignitz in der ersten und zweiten Periode kann nach den bisherigen Funden verhältnismäßig nur gering gewesen sein. Das ändert sich mit der dritten Periode, aus der auch unser Museum im Schrank 6. 3 und Schrank B. 4 besonders «reiche und schöne Stücke aufzuweisen hat. Wir sehen hier neben den schon erwähnten Gefäßen und dem Halsschmuck, das Hohlbeil mit Oese, das Lappenbeil, Sicheln, Spiralen, Lanzenspitzen und Arm­ringe. Von jener Zeit künden auch die Hügelgräber, die unserer Landschaft einen so eigenen Charakter geben. Die vierte Periode der Bronzezeit im Schrank B. 6 zeigt ähnliche Typen, wie die vorhergehende, nur in leiser Ab­wandlung. Aus der fünften Periode (1000800 v. Ehr.) enthält unser Museum eines der interessantesten Stücke, ein Bronzeschwert vom sogenannten Auvernier- Typus, der in der Westschweiz oder in Süddeutschland entstanden, dann nach dem Norden gewandert, hier angenommen und auch im Lande selbst her­gestellt ist.

Schrank B. 7 mit dem schönen gedrehten Halsring und dem sogenannten Torques oder Wendelring, daneben die Schwanenhalsnadel führt schon in die früheste Eisenzeit (800-000 v. Ehr.), doch ist das Vorkommen von Eisen noch überaus selteu, die Bronzestücke überwiegen bei den Funden weit.

Beim Betrachten dieser Funde müssen wir nun bedenken, daß unser Heiligen- graber Museum erst seit etwa 12 Jahren besteht, daß alle Funde, die vorher gemacht sind, und es waren überaus reiche darunter, nach außerhalb an fremde Museen verstreut sind, daß darum das Kulturbild, das ein Heimatmuseum von allen Epochen seiner Landschaft vermitteln soll, noch kein vollständiges ist. Hoffen wir, daß weitere Funde und Ausgrabungen die Lücken, die bestehen, ausfüllen werden. Vor allem tritt in unserem Museum ein wichtiger Gesichts­punkt nicht hervor, der des reichen Handelsverkehrs mit südlichen Ländern, besonders mit Italien, der sich für die Prignitz in der Bronzezeit Nachweisen läßt. Zu diesen Einsuhrstücken gehörten z. B. die beiden getriebenen Bronze­schilde aus Herzsprung, die sich jetzt im Haller Museum für Vorgeschichte befinden, ferner das große getriebene Bronzegesäß und zwei kleine getriebene Schalen aus dem Köuigsgrab vou Seddin, die in das Berliner Märkische Museum verschlagen sind. Auch Goldfunde sind in den Hügelgräbern der Prignitz mehrfach vorgekommen. All diese Funde beweisen, daß ein reger Handels­verkehr nach dem Süden bestand, daß der Mensch der Bronzezeit es liebte, seltenes Gerät, von fremden Meistern gearbeitet, als Gegengabe für seine Aus­fuhrartikel in sein Haus zu stellen. Und wir dürfen uns dieses Haus als einen würdigen Rahmen, sowohl für die edel gekleideten Gestalten, wie für das kostbare Gerät vorstellen. Damit aber erwächst uns ein erstaunlich anderes