Heft 
(1897) 07
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Aas Aazit 1897.

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Tressen zu senden; aber seine Dreijährigen: Lebemann, Irr­tum, Volapük, Pfaueninsel und Kirsche, sowie der Zwei­jährige Habenichts erwiesen sich durchweg so außerordentlich nützlich, daß sie den totalen Mißerfolg des Jahres 1896 > in mehr als glänzender Weise wieder gut machten. Auch Vollmond, Mummelgreis und Wintermärchen erwiesen sich als recht nützliche Pferde. Im ganzen hatte das Königliche Gestüt 25 Zweijährige und 16 Dreijährige im Training, von denen verschiedene, ihrer bisher gezeigten Form nach, für das kommende Jahr noch schöne Erfolge versprechen.

Bekanntlich werden die Ueberschüsse der Graditzer Ge­winne nach Abzug der Unkosten für den Trainer und die Jockeys als sogenannte Gestütspreise auf die einzelnen Rennbahnen verteilt. Haben die Bahnen somit ein leb­haftes Interesse an den Graditzer Erfolgen, so wird die Ueberlegenheit des mit reichen Mitteln arbeitenden fiskali­schen Stalles von den Privatgestüten und Stallen recht drückend empfunden. Es ist diesen in der That kaum noch möglich, gegen die allmächtige Konkurrenz des preußi­schen Vollblutgestüts aufznkommen, zumal der Stall auch , in diesem Jahre wieder 3l Jährlinge einrangierte.

Unter den Privatställen marschiert der des Freiherrn v. Oppenheim mit einem Gesamtgewinne von 190 956 Mark an der Spitze. Die Hauptstütze dieses Stalles war Saphir, i der prächtige Chamantsohn, der nach 21 Jahren zum ersten ; Male wieder das österreichische Derby für Deutschland aus , dem Feuer riß. Leider brach der wundervolle Fuchs nach ; seinem Siege im Hoppegartener Jnbilünmspreis zusammen, wodurch seiner glänzenden Renncarriere ein vorzeitiges Ende ; bereitet wurde. Er wird in Zukunft eine Zierde des seinem Besitzer gehörenden Gestüts Schleuderhan bilden und hoffent­lich als Vaterpferd seine hervorragenden Eigenschaften recht ausgiebig vererben. ^

Unter ähnlichem Mißgeschick wie der Oppeuheimsche Stall litt auch der des Grafen L. Henckel, der mit 140 490 Mark die dritte Stelle einnimmt. Seine einzige Hauptstütze war Flunkermichel, ein hochgezogener brauner Hengst von Pumpernickel ans der Flora, der an zwei aufeinanderfolgenden Sonntagen den Großen Hansapreis (29 600 Mari) und das deutsche Derby (84 500 Mark) ; in Hamburg-Horn gewann, dann aber vollständig versagte. Hätten nicht zwei andre Pferde im Herbst noch zwei kleine Rennen gewonnen, so wäre Flunkermichel der einzige Ge­winner des Stalles gewesen.

Die Ställe des Fürsten Hohenlohe-Oehringeu und des , Herrn V. May wurden ans das empfindlichste von einer ; Hustenepidemie betroffen, die im Winter des vorigen Jahres ^ in Hoppegarten ansbrach und namentlich die Dispositionen des letzterwähnten Stalles aus das schwerste beeinträchtigte. ; Fürst Hohenlohe, dessen Stall im Spätsommer vom Vater auf den Sohn überging, hatte eine ganze Reihe erstklassiger Pferde, wie Wolkenschieber, Verschwiegenheit, Vogelfänger, Vorgesehen und Wall ins Feld zu senden; aber alle standen unter einem Unstern und konnten nur vereinzelt größere Rennen gewinnen. Ter Favorit des Stalles, Wolkenschieber, mußte sich mit dem Staatspreis erster Klasse in Hoppegarten begnügen. Verschwiegenheit, eine Stute von ganz hervor- , ragenden Eigenschaften, brach wiederholt nieder, Vogelfänger gewann ein paar kleine Rennen und verscherzte sich dann ; die weiteren Siegesaussichten durch sein unbändiges Tem­perament, und Vorgesehen konnte erst im Spätsommer durch ihren Sieg im Waldchensrennen zu Frankfurt a. Bl. ihre Klasse beweisen.

Zn den 129 550 Mark, die der Maysche Stall gewann, mußte Geranium, ein schwarzbrauner Chamantsohn aus der Verbena, allein über 80 000 Mark beisteuern; außer­dem konnten Eiger und Armbruster noch je ein größeres Reimen heimbringen. Alle übrigen Pferde des Stalles waren durch den Husten zu unfreiwilliger Muße verdammt.

Zwischen den beiden letzterwähnten Ställen steht der des Fürsten Fürstenberg, dessen Pferde früher unter dem Pseudonym eines Mr. Trial liefen, mit 132 348 Mark. Fürst Max Egon hatte den von seinem verstorbenen Vetter Karl Egon ererbten großen Stall auf etwa ein Dutzend Pferde reduziert und war trotzdem weit erfolgreicher als der Verstorbene es jemals gewesen. Er gewann mit En bloc den Großen Preis von Baden-Baden, mit Sport die Prince, of Wales Stakes und auch Ausmärker brachte einige hübsche Rennen heim. Herr A. Beit, der bekannte Hamburger Großkaufmann, brachte es auf 125 612 Mark, zu denen Lobengula als Gewinner des Großen Preises von Ham­burg das meiste beitrug. Wenn wir dann noch Major Faddy, das Pseudonym einer gegenwärtig in Auslösung begriffenen Renngesellschaft, zu der unter andern der be­kannte Züchter Graf Hahn-Basedow, der Major v. Goßler und andre Herren gehören, mit 101 319 Mark erwähnen, so ist die Liste der deutschen Gewinne über 100 000 Mark erschöpft.

Als ein besonderes Ereignis verdient noch der Sieg Tokios im Großen Preis von Berlin bemerkt zu werden. Dieses Rennen und die Hoppegartener Union, welche Destillateur gewann, waren die einzigen bemerkenswerten Siege, die österreichisch-ungarische Pferde auf deutscheil Bahnen zu verzeichnen hatten.

Voir den kleineren deutschen Ställen sei noch der des Freiherrn v. Hartogensis erwähnt, der mit nur drei Pferden mit nahezu 55 000 Mark den zehnten Platz in der Ge­winnliste einnimmt und außerdem in Gudrun eine Zwei­jährige besitzt, in der Sachkenner heute schon die Siegerin des achtundneunziger Derbys vermuten zu dürfen glauben.

Wenden wir uns nunmehr den Reitern zu, so erfreut sich der Blick in erster Linie an dem immer kräftiger auf­blühenden deutschen Herrensport. Im ganzen konnten im vergangenen Jahre 299 Reiter als Sieger das Ziel pas­sieren, die fast ausnahmslos der Armee angehören und sich zum Teil sogar in hohen Stellungen befinden. An ihrer Spitze steht in diesem Jahre wiederum Lieutenant Sner- mondt, der bei 110 Ritten 31 Siege und 22 zweite Plätze zu erringen vermochte. Im ganzen hat der hessische Dra­goner seit dein Jahre 1887, wo er zum ersten Male in den Sattel stieg, 307 Siege und 178 zweite Plätze bei insgesamt 863 Ritten gelandet, ein Rekord, der von keinem andern Herrenreiter der Welt erreicht wird. Seit 1890 nahm Lieutenant Suermoudt fast immer die erste Stelle ein und nur im Jahre 1896 wurde ihm von Lieutenant v. Kayser, der in diesem Jahre mit 23 Siegen an dritter Stelle steht, der Rang abgelaufen. Als der Liebling des Publikums, namentlich in Berlin, darf Lieutenant Graf Königs­mark I. von den 13. Ulanen bezeichnet werden, der bei 105 Ritten 27 Siege und 18 zweite Plätze auf sein Conto brachte, die um so mehr ins Gewicht fallen, als sie zun: größten Teil auf der sehr schweren Bahn in Carls- Horst erstritten wurden. Zahlreiche Erfolge haben ferner Lieutenant v. Reibnitz (1. Leibhusarenregimeut), Graf S. Lehn­dorff, der Sohn des preußischen Oberlandstallmeisters, der Engländer Dir. I. Bell und Lieutenant v. Berken (15. Husaren) zu verzeichnen. Der letztere wußte sich namentlich in neuerer Zeit durch fein schneidiges Reiten in Carlshorst die be­sondere Gunst des Publikums zu erringen. Weniger glück­lich war ii: diesem Jahre der sächsische Karabinier Ritt­meister v. Eynard, der früher ebenfalls zu den Lieblingen des Berliner Publikums gehörte. Insgesamt wurden von Herrenreitern auf deutschen Bahnen 888 Siege und 496 zweite Plätze erstritten.

Bei den Jockeys gewinnt das deutsche Element von Jahr zu Jahr mehr an Boden. Auf der Flachbahn freilich dominieren immer noch die Engländer. An der Spitze der Siegerliste steht hier Ballantine, der von dem Glück seines Stalles