Heft 
(1897) 09
Seite
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Atelier <Lan

aus meine... Da war also, und es ist noch gar nicht lange her, ein König von Siam. Die Siamesen , haben nämlich auch Könige."

Werden doch. So tief stehn sie doch nicht."

Also ein König von Siam, und dieser König hatte eine Tochter."

Klingt ja wie aus 'm Märchen."

Ist auch, meine Herren. Eine Tochter, eine richtige Prinzessin, und ein Nachbarfürst (aber von geringerem Stande, so daß man doch auch hier wieder an den Kandidaten erinnert wird) dieser Nach­barfürst raubte die Prinzessin und nahm sie mit in seine Heimat und seinen Harem, trotz alles Stränbens."

Na, na."

So wenigstens wird berichtet. Aber der König von Siam war nicht der Mann, so was ruhig ein­zustecken. Er unternahm vielmehr einen heiligen Krieg gegen den Nachbarfürsten, schlug ihn und führte die Prinzessin im Triumphe wieder zurück. Und alles Volk war wie von Sieg und Glück berauscht. Aber die Prinzessin selbst war schwermütig."

Natürlich. Wollte wieder weg."

Nein, ihr Herren. Wollte nicht zurück. Denn es war eine sehr seine Dame, die gelitten hatte ..."

Ja. Aber wie..."

Die gelitten hatte und fortan nur dem einen Ge­danken der Entsühnung lebte, dem Gedanken, wie das Unheilige, das Berührtsein, wieder von ihr ge­nommen werden könne."

Geht nicht. Berührt is berührt."

Mit Nichten, Herr von Molchow. Die hohe Priesterschaft wurde herangezogen und hielt, wie man hier vielleicht sagen würde, einen Synode, in der man sich mit der Frage der Entsühnung oder, was dasselbe sagen will, mit der Frage der Wiederherstellung der Virginität beschäftigte. Man kam überein (oder fand es auch vielleicht in alten Büchern), daß sie in Blut gebadet werden müsse."

Brrr."

Und zu diesem Behuse wurde sie bald danach in eine Tempelhalle geführt, drin zwei mächtige Wannen standen, eine von rotem Porphyr und eine von weißem Marmor, und zwischen diesen Wannen, aus einer Art Treppe, stand die Prinzessin selbst. Und nun wurden drei weiße Büffel in die Tempelhalle gebracht, und der hohe Priester trennte mit einem Schnitt jedem der drei das Haupt vom Rumps und ließ das Blut in die daneben stehende Porphyrwanne fließen. Und jetzt war das Bad be­reitet, und die Prinzessin, nachdem siamesische Jung­frauen sie entkleidet hatten, stieg in das Büffelblut hinab, und der Hohepriester nahm ein heiliges Gefäß und schöpfte damit und goß es ans über die Prin­zessin."

Eine starke Geschichte; bei Tisch hätt' ich mehrere Gänge passieren lassen. Ich sind' es doch entschieden zu viel."

Ich nicht," sagte der alte Zühlen, der sich in­zwischen eingesunden und seit ein paar Minuten mit zugehört hatte.Was heißt zu viel oder zw l stark? Stark ist es, so viel geb' ich zu; aber nicht > zu stark. Daß es stark ist, das ist ja eben der ;

d und Weer.

Witz von der Sache. Wenn die Prinzessin einen i Leberfleck gehabt hätte, so sänd' ich es ohne weiteres zu stark; es muß immer ein richtiges Verhältnis da sein zwischen Mittel und Zweck. Ein Leberfleck ist gar nichts. Aber bedenken Sie, 'ne richtige Prinzessin als Sklavin in einem Harem; da muß denn doch ganz anders vorgegangen werden. Wir reden jetzt so viel von großen Mitteln'. Ja. meine Herren, auch hier war nur mit großen Mitteln was auszurichten."

Igni 6t torro," bestätigte der Rektor.

Und," fuhr der alte Zühlen fort,so viel wird jedem einleuchten, um den Teufel auszutreiben (als den ich diesen Nachbarfürsten und seine That durch­aus ansehe), dazu mußte was Besonderes geschehn, etwas Beelzebubartiges. Und das war eben das Blut dieser drei Büffel. Ich find' es nicht zu viel."

Thormeyer hob fein Glas, um mit dem alten Zühlen anzustoßen.Es ist genau so, wie Herr von Zühlen sagt. Und zuletzt geschah denn auch glücklicherweise das, was unsre mehr auf Schönheit gerichteten Wünsche denn wir leben nun mal in einer Welt der Schönheit zufrieden stellen konnte. Direkt ans der Porphyrwanne stieg die Prinzessin in die Marmorwanne, drin alle Wohl­gerüche Arabiens ihre Heimstätte hatten, und alle Priester traten mit ihren Schöpfgelten aufs neue heran, und in Kaskaden ergoß es sich über die Prin­zessin, und man sah ordentlich, wie die Schwermut von ihr abfiel, und wie all das wieder aufblühte, was ihr der räuberische Nachbarfürst genommen. Und zuletzt schlugen die Dienerinnen ihre Herrin in schneeweiße Gewänder und führten sie bis an ein Lager und fächelten sie hier mit Psanenwedeln, bis sie den Kopf still neigte und entschlief. Und ist nichts zurückgeblieben, und ist später die Gattin des Königs von Annam geworden. Er soll allerdings sehr aufgeklärt gewesen sein, weil Frankreich schon feit einiger Zeit in feinem Lande herrschte."

Hoffen wir, daß Lillis Vetter auch ein Ein­sehen hat."

Er wird, er wird."

Darauf stieß man an und brach ans. Die Wagen waren bereits vorgefahren und standen in langer Reihe zwischen demPrinz-Regenten" und dem Triangelplatz.

Auch der Stechliner Wagen hielt schon, und Martin, um sich die Zeit zu vertreiben, knipste mit der Peitsche. Dubslav suchte nach seinem Pastor und begann bereits ungeduldig Zn werden, als Lo- ! renzen an ihn herantrat und um Entschuldigung bat, daß er habe warten lassen. Aber der Oberförster fei schuld; der habe ihn in ein Gespräch verwickelt, das auch noch nicht beendet sei, weshalb er vorhabe, die Rückfahrt mit Katzler gemeinschaftlich zu machen.

Dubslav lachte.Na, dann mit Gott. Aber lassen Sie sich nicht zu viel erzählen. Ermyntrud wird wohl die Hauptrolle spielen oder noch wahr­scheinlicher der neuzusindende Name. Werde wohl recht behalten. . . Und nun vorwärts, Martin."

Damit ging es über das holperige Pflaster fort.

In der Stadt war schon alles still; aber draußen