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Vorfrühling.
mich glücklich machen, mich Ihnen für diesen Nachmittag anschließen zu dürfen und dann später vielleicht auf dem Heimwege."
Dieser wurde denn auch bald danach beschlossen, und zwar über die sogenannte „Schurre" hin, bei welcher Gelegenheit man den eigentlichen Roßtrappe- Felsen, also die Hauptsehenswürdigkeit der Gegend, mit in Augenschein nehmen wollte.
„Werden auch Deine Nerven ausreichen?" fragte der Oberst, „oder nehmen wir lieber einen Tragstuhl? Der Weg bis zur Roßtrappe mag gehen. Aber hinterher die Schurre? Der Abstieg ist etwas steil und fährt in Kreuz und Rücken, oder um mich wissenschaftlicher auszudrücken in die Vertebral-Linie."
Der schönen Frau blasses Gesicht wurde roth und Gordon sah deutlich, daß es sie peinlich berührte, den Schwächezustand ihres Körpers mit solchem Lokal-Detail behandelt zu sehen. Sie begriff St. Arnaud nicht. Aber sich bezwingend, sagte sie: „Nur nicht getragen werden, Pierre; das ist für Sterbende. Gott sei Dank, ich habe mich erholt, und empfinde, mit jeder Stunde mehr, den wohlthätigen Einfluß dieser Luft. . . . Ich glaube, Sie beruhigen zu können", setzte sie lächelnd und gegen Gordon gewandt hinzu.
So brach man denn aas und erreichte zunächst ^ die Roßtrappe, die berühmte Felsenpartie, wo ganze j Gruppen von Personen, aber auch Einzelne, vor ! einer Ersrischungsbude standen und unter Lachen und Plaudern das Echo weckten, — die Meisten ein Seidel, Andere, die dem Selbstbräu mißtrauten, einen Cognae in der Hand. Unter diesen waren auch unsere Berliner, die sich, als sich ihnen erst St. Arnaud mit der Malerin und dann Gordon mit der gnädigen Frau von der Seite her genähert hatten, anscheinend respectvoll zurückzogen, aber nur um gleich danach ihrem Herzen in desto ungenirterer Weise Luft zu machen.
„Sieh nur, pompöse Figur, die Große", sagte der Aeltere.
„Ja. Bischen zu sehr Caroline Plättbrett."
„Thut mir nichts."
„Aber mir. Uebrigens darum keine Feindschaft nich. Obaouu u 8on Aoüt. Und nun sage, wen lassen wir leben, den Stöpsel oder die Stricknadel?"
„Ich denke, Berlin."
„Das is recht."
Und erfreut über das Aufsehen, das sie durch ihre vorgeschrittene Heiterkeit machten, stießen sie mit den Cognacgläschen zusammen.
«Fortsetzung folgt.)
H o r f r A h l i n g.
1886 .
Von Julius Sturm.
Es ist mir heut gar wunderbar zu Muih;
Die Sonne scheinst doch scheint sie offne Glutff,
Noch dicht umffüllt der Schnee dir starre Flur,
Von nah'ndem Frühling zeigt sich keine Spur.
Und doch! und doch ist mir's, als ffört' ich schon Hoch in der Lust den ersten Lerchentorr,
Als spürt' ich schon im Wald, den Schnee umsäumt, Den Dust vom Laub, das noch in Knospen träumt. Vorahnend freu' ich mich schon jetzt der Zeit,
Wo es um mich, wir in mir, lenzt und mait,
Und stimmt auch noch kein Vöglein mit mir eirr,
Ich sing' rin Früfflingslied durch Feld und Ham.