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Aus dem Sudan.
aneinander gebunden vorgeführt und vor den Augen des Gastes enthauptet wurden. Auf Longs Bemerkung. daß er eine so hohe Auszeichnung nicht beanspruche, erwiderte der König, wenn er das nicht thäte, so würde sich sein ganzes Volk gegen ihn revoltiren. Ueberdies erhielt Long ein Geschenk von sechs Jungfrauen, worunter eine Prinzessin, die leibliche Tochter des Königs Mtesi, selbst, nebst anderen interessanten, wenn auch nicht werthvollen Sachen. Natürlich mußte alles mit Gegengeschenken vergolten werden.
Das Königstöchterlein, das sich jetzt in Chartum befindet, hat einen lichten Teint und Typus wie die Galla, — ganz verschieden von der Negerrace.
Mtesi äußerte wiederholt seine Freude über die Verbindung mit dem ägyptischen Reiche, und erklärte, den Handelsverkehr mit Zanzibar aufzugeben und sein Elfenbein von nun an nur nach Gondo- korv zu fchicken. Den schönen Worten der afrikanischen Häuptlinge ist allerdings nicht gar zu viel Gewicht beizumessen, denn sie suchen überall zu nehmen wo etwas zu haben ist.
Long hat den Victoria-Nyanza theilweise befahren und glaubt, daß der See nicht über 15 Meilen Breite sich ausdehnt. Auf 10-p N. B. hat Long einen kleineren See entdeckt, welcher nach feiner Ansicht mit dem Victoria-Nyanza in Zusammenhang stehen dürfte. Auch den Karuma-Fall am Somerset hat Long mittelst Negerfeluke befahren, welchen Speke als unpassirbar bezeichnet^ Der König Rionga, bei dem schon Sir Samuel Baker eine Besatzung stationirte, empfing Herrn Long sehr freundschaftlich. Im Reiche Unioro des Königs Kabrega, des Nachfolgers Kamrasis, wo auch Baker einen heftigen Kampf zu bestehen hatte, wurde Long von circa 400 Wilden attakirt. Er hatte von seiner ursprünglichen kleinen Compagnie nur noch zwei Mann zu seiner Bedeckung. Er sicherte sich, mit Remingtons wohl bewaffnet, mit seinen Getreuen in einem Verhau, und schoß 82 Neger von feindlicher Seite todt, darunter den Anführer, Kabregas Sohn, worauf der Feind entfloh.
Da feit der Abreife von Gondokoro bereits sechs Monate vorüber waren und Long nur noch von Bananen und wilden Früchten lebte, so war er zur Umkehr uach Gondokoro gezwungen, wo er nur zwei Tage blieb und auf Befehl Gordons zu seiner Erholung nach Chartum abreiste, um von da seine Reifeergebnisse zu berichten. Kaum gelangte die Nachricht nach Aegypten, so wurde Long zum Obristen befördert und mit dem Medschidio- Orden 3. Klasse decorirt. Auch um seine beiden tapferen Begleiter wurde allerhöchst Erkundigung eingeholt, denen vermuthlich auch eine Auszeichnung bevorsteht. Colonel Long geht nach 14 Tagen mit vier Compagnien Soldaten wieder nach Gondokoro ab.
Wie ich schon unterm 26. Oetober anzudeuten die Ehre hatte, hat sich das Ableben des Linant- Bey in Gondokoro bestätigt. Der aus der Affaire mit Baker-Pascha bekannte Abu-Saut, dein Gordou in Cairo das Leben rettete, um ihn zu seinem oberstell Mudir mit einer Gage von 60 Pfund Sterling per Monat zu ernennen, ist bereits in Ungnade gefallen. Bei seiner Ankunft in Goudv- koro erfuhr der Colonel von den Unterbeamten und Unteroffizieren verschiedene Jntriguen, welche der Garnifonscommandant Rauf-Bey, Linant-Bey und Abu-Saut im Einverständniß mit dem Landes- fcheikh planten. Gordon wußte das Complot, eher als man sich versah, unschädlich zu machen. Rauf wurde mit unbestimmtem Urlaub nach Aegypten geschickt, Linant erhielt noch vor seinem Tode den Abschied und Abu-Saut wurde iÜMcko jmäo nach Chartuni beordert, wo er bereits angekommen ist.
Hanfal m. i>.
Chartum, 8. Februar 1875. Wie telegraphisch gemeldet, bin ich am 1. Februar vom weißen Flusse zurückgekehrt, nicht ohne die Beschwerungeil der Sumpfregion: Fieber und Dysenterie, weshalb ich noch jetzt vorsichtiger Schonung und Zurückhaltung bedarf. Die Bergfahrt dauerte 33, die Rückfahrt 17 Tage. Die Station Gondokoro wurde aufgelassen und drei Stunden, flußabwärts nach Lado verlegt. Marno*) fand einen guten Empfang und wurde anfänglich mit Liebenswürdigkeiten sozusagen überschüttet. Gordon öffnete ihm alle Vorräthe und ließ sogar in London die Uebersetzung des Marno'schen Reisewerkes in's Englische besorgen. Gordon selbst machte den Reiseplan für Marno, wonach dieser zunächst nach Mäkraka, Mvnbuttu, AkkL und Malegga gehen und dort am Westufer des Albert-Nyanza sich mit Watson und Chippen- dal, welche mit Segelschiffen vom weißen Nil in den See einfahren werden, zu vereinigen und mit diesen Herren gemeinschaftlich die Explorationsreise auf dem See zu machen. Dieser Plan wurde in meiner Gegenwart vielfach erörtert und besprochen.
Marno war damit sehr zufrieden, weil sich ihm auf dieser Route ein neues Feld für die Wissenschaft eröffnete. So stand Marnos Angelegenheit bis zum 15. Januar, dem Tage meiner Abreise von Lado. Noch bevor ich mich einfchiffte, sagte Gordon zu Marno in meinem Beisein: „In vier Tagen werde ich Ihnen bestimmte Ordre geben können, und in zehn Tagen hoffe ich, werden Sic abreisen." —
Von da an scheint sich das Blatt gewendet zu haben. Ich erhalte hintereinander drei Briefe von Marno, denen ich folgende Citate entnehme:
*) Afrikareisender.